Saarwellingen. Zehn weitere sogenannte Stolpersteine des deutschen Künstlers Gunter Demnig wurden im Ortskern von Saarwellingen verlegt. Hierbei handelt es sich um zehn mal zehn Zentimeter große Betonquader mit jeweils einer Messingplatte.
Darauf stehen die Namen und Informationen über Menschen, die von den Nationalsozialisten deportiert, ermordet, verhaftet oder ins Exil vertrieben wurden.
Die Gedenksteine von Demnig sind in ihrer Gesamtheit das weltweit umfangreichste Holocaust-Mahnmal für Nazi-Opfer.
„Auch in unserem Ort erinnern wir mit diesen Steinen an die Opfer der schrecklichen Naziherrschaft“, sagte Bürgermeister Manfred Schwinn bei der Steinverlegung am Schlossplatz und in der Engelstraße.
Es liege in unserer Verantwortung sicherzustellen, dass die Einzelschicksale der von den Nazis verfolgten Menschen nicht in Vergessenheit gerieten. Dafür hat die Gemeinde Saarwellingen in den letzten Jahren bereits einiges getan. Mit Abschluss der jetzigen Aktion wurden bis jetzt insgesamt 89 Gedenksteine an den Orten verlegt, wo Nazi-Opfer zuletzt in Saarwellingen wohnten. Dabei handelte es sich, bis auf eine Sinti- und Roma-Familie, überwiegend um jüdische Mitbürger.
„Um das Jahr 1900 betrug der Anteil von Menschen mit jüdischem Glauben in der Saarwellinger Bevölkerung immerhin zehn Prozent“, bestätigte Hans Peter Klauck, der zusammen mit Willi Kessler das neue Gemeindearchiv aufgebaut hat und zudem die Geschichte der Juden im Saarland dokumentierte. Die Juden in Saarwellingen seien meist als Geschäftsleute und Kleintier-Händler tätig gewesen und sollen nicht sonderlich begütert gewesen sein. Das Zusammenleben mit Menschen anderer Religionen sei bis zur Rückgliederung des Saargebietes ins Deutsche Reich im Jahr 1935 unproblematisch verlaufen.
Erst danach kam es zu massiver Ausgrenzung, Vertreibung und Deportation der Juden durch die Nazis. An der vorbildlichen Erinnerungskultur für die Opfer der Naziherrschaft beteiligt sich auch die Saarwellinger Gemeinschaftsschule an der Waldwies.
Anlässlich der Steinverlegung trugen die Neuntklässler Arman Avci, Tabea Linke und Justin Bäcker die Schicksale der jüdischen Familien Salomon, Mayer und Alexander vor. So floh Sattler Julius Salomon, der ein Möbelhaus am Schlossplatz betrieb, 1935 mit seiner Tochter Liesel zunächst nach Luxemburg, nachdem er vorher sein Unternehmen unter Wert verkaufen musste.
1941 flüchteten die beiden weiter mit dem Schiff nach Chicago in die USA. Ähnlich erging es Isaak Mayer, der in der Engelstraße eine Bäckerei und Konditorei betrieb.
Auch er musste seinen Betrieb aufgeben und floh mit Gattin Thekla wie auch die Kinder Marcel und Frieda über Luxemburg in die USA. Nach der Saarabstimmung im Jahr 1935 musste der Arzt Siegried Alexander, der mit seiner Frau Elsa und den Kindern Manfred und Inge in der Engelstraße wohnte, seine Praxis aufgeben, um über Luxemburg und später mit dem Schiff nach New York zu fliehen.
„Die schlimmen Schicksale dieser Menschen machen einen traurig, wir dürfen sie nicht vergessen“, sagt die 15-jährige Schülerin Vanessa Doma. „Die menschenverachtenden Ereignisse von damals sollten uns eine besondere Mahnung sein“, gab Justin Bäcker (16 Jahre) zu verstehen.
„An unserer Schule gehört es zum Selbstverständnis, immer wieder aktiv zu werden, wenn es gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt geht“, bestätigte Schulleiterin Klaudia Hiry-Landry. Die Schule an der Waldwies hat eine Patenschaft zur Pflege der Stolpersteine übernommen. rgi