Saarbrücken. Wie fühlt es sich an, wenn alltägliche Dinge, wie Anziehen, Frühstücken oder Einkaufen nicht mehr funktionieren? Wenn einem Worte und Erinnerungen fehlen, der Weg, den man tausendmal gegangen ist, nicht mehr einfällt? Und das Umfeld auf die Aussetzer gereizt reagiert? Was Demenzkranke tagtäglich erleben, können nun Schüler im Saarland beim „Demenzparcours“ nachempfinden. Der Parcours wurde während der Nationalen Demenzwoche im Rahmen der Fachtagung Demenz des Instituts für Lehrerfort- und weiterbildung und des Bildungscampus Saarland vorgestellt. Er kann von Schulen und weiteren interessierten Institutionen ausgeliehen werden. Der Demenzparcours mit dem Namen „Hands-on Dementia“ wurde vom deutschen Studenten Leon Maluck entwickelt und ist bereits in anderen Bundesländern im Einsatz.
14 Stationen
„Demenz betrifft – direkt oder indirekt – uns alle. Im Saarland leben derzeit rund 22.850 Menschen mit Demenz. Die meisten von ihnen werden sehr lange in der Familie betreut, was bedeutet, dass auch viele Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte direkt oder indirekt mit dem Thema konfrontiert sind“, sagt Karolina Engel vom ILF. Daher sei es wichtig, Lehrkräften ein Angebot zu machen, wie sie das Thema Demenz im Unterricht aufgreifen können. Ziel sei es, Verständnis für die Krankheit und die Betroffenen zu vermitteln.
14 Stationen hat der Parcours, etwa eine Stunde dauert es, ihn zu durchlaufen. Anhand des Beispiels der fiktiven dementen Seniorin Erna geht es darum, Aufgaben des Alltags zu erledigen wie Frühstück, Abendessen, Hausarbeit, Anziehen, Einkaufen oder Freizeit. Bei den meisten Stationen wird ein Spiegelkasten als Hilfsmittel verwendet, um die eigene Motorik buchstäblich auf den Kopf zu stellen. Nur mit Blick in diesen Spiegel sollen kleine Autos über Straßen bewegt werden, sind Verkehrsschilder an einer Kreuzung einzuzeichnen oder Glasmurmeln in Becher zu werfen. Vorne wird hinten, links wird zu rechts. In Zweiergruppen durchlaufen die Lehrkräfte die Stationen, wobei eine in die Rolle des Betroffenen, die andere in die eines Angehörigen schlüpft. „Seien Sie ruhig ungeduldig“, rät Susanne Klesen vom Bildungscampus Saarland den „Angehörigen“ – dies spiegele die Realität wider.
Das neue Angebot schließe eine Lücke, betonte auch die saarländische Sozial-Staatssekretärin Bettina Altesleben: „Mit dem Demenzparcours können Schülerinnen und Schüler das Thema direkt praktisch erfahren. Je früher junge Menschen mit diesem Thema in Berührung kommen, desto mehr kann Verständnis, Empathie und gesellschaftliches Bewusstsein für Demenz unterstützt werden.“ Für viele Betroffene und ihre Familien sei es nicht leicht, Hilfe von außen anzunehmen. Hier könnten pädagogische Fachkräfte ansetzen.
Schulen können den Parcours ausleihen
Während der Fachtagunggab Professor Dr. Tobias Hartmann, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Demenzprävention der Universität des Saarlandes, Einblicke in den aktuellen Forschungsstand: „Wir können heute Alzheimer nicht heilen, aber früh mit Interventionen beginnen, also den Lebensstil verändern, die Ernährung anpassen. Das kann die Krankheit über Jahre verzögern und das Schrumpfen des Gehirns verlangsamen. Je früher man mit dem gesunden Leben anfängt, desto besser ist der Effekt“, sagte er. Großes Anliegen sei es ihm, dass Schüler lernen, was ein gesundes Leben ist.
Infos zu Ausleihe: E-Mail info@ilf-saarbruecken.de, Tel. (0681) 6857650, hands-on-dementia.info red./jj





