Zweibrücken. Von hinten kommt sie auf die Bühne, mitten durchs Publikum, ganz in Weiß gekleidet, blond gefärbt samt der Augenbrauen – fast meint man, eine neue Figur aus „Herr der Ringe“ namens Stefanie die Weiße sei erschaffen worden, wenn man sie so betrachtet. Dabei ist Stefanie Heinzmann nur gekommen, um den Menschen schöne Musik und Wohlbefinden zu bringen. Sängerin Stefanie Heinzmann. Die Sängerin ist purer Positivismus in Erscheinung, Ansprache und Ausstrahlung. Für ihren Beitrag zum Euroclassic-Festival kommt sie nicht mit einer Band in die ausverkaufte Festhalle, sondern mit dem klassisch besetzten Takeover-Ensemble, also mit zwei Geigen, Bratsche, Cello, Kontrabass und Klarinette. Mit dessen Leiter und erstem Geiger Miki Kekenj liefert Heinzmann sich neckische Dialoge auf der Bühne - sollte es mal mit seiner Musikkarriere nicht mehr laufen, könne er auch Moderator werden, meint die Sängerin nachvollziehbar.
Klassisch besetztes Takeover-Ensemble
Kekenj hat sich darauf spezialisiert, Popkünstler mit dem klassischen Klangkörper zu begleiten. Auch Joris, Max Herre, Max Mutzke oder Samy Deluxe kamen schon in diesen Genuss, mal ohne Schlagzeug und E-Gitarren auf der Bühne zu stehen. Heinzmann hat außerdem noch eine zweite Sängerin mitgebracht, Leslie Jost, die wahrhaftig viel zu tun hat. Schließlich ist heutige Popmusik ja voller zweiter Stimmen und Chöre. Zurück zum Positivismus: Der scheint daher zu rühren, dass das Pendel im Leben der Sängerin irgendwann auf die andere Seite schlug. Als Teenager, so erzählt sie freimütig, sei sie „Emo“ gewesen, habe sich verletzt, nichts mehr gegessen sowie düstere Literatur auf dem Friedhof gelesen. Von Liebesliedern habe sie überhaupt nichts wissen wollen. Hätte man ihr damals erzählt, dass sie mit 35 Jahren mal vor einem Klassikensemble sitzen, pink angestrahlt und auch noch kitschige Songs bringen würde – das hätte sie niemals geglaubt. Allerdings besaß die Schweizerin ja schon damals diese fantastische Soulstimme, mit der sie schließlich eine Casting-Show bei Stefan Raab gewann und danach nicht wie die meisten kurzzeitigen Berühmtheiten in der Versenkung verschwand. Allerdings, so erzählt sie in Zweibrücken, habe sie auf der ersten CD lauter Liebeslieder singen müssen.
Fantastische Soulstimme
„Das war wie Körperverletzung.“ Jetzt ist die Liebe das zentrale Thema in Heinzmanns Liedern. Nicht nur die romantische, sondern auch alle anderen Formen von Zuneigung zwischen den Menschen. „Ich glaube wirklich daran, dass wir alle Liebe brauchen“, sagt sie bei der Ankündigung der Zugabe „All You Need Is Love“. Die Botschaft kommt bei den 660 Zuschauern im Saal an. „Es hat alles gepasst, die Stimme und das Ensemble. Die Musik war auch nicht zu laut insgesamt, die Stimme hat richtig reingepasst. Ich verfolge sie ja schon lange. Ich würde aber alleine wegen des Ensembles wiederkommen“, sagt Britta Schuba aus Zweibrücken. Gabriele Schnöder aus Großsteinhausen lobt die tolle Ausstrahlung von Stefanie Heinzmann. Und: „Bei mir kam sehr gut an, welch gutes Verhältnis die Musiker so untereinander hatten. Das war nicht aufgesetzt, das hat echt gewirkt.“ Von den Befragten stört sich niemand daran, dass die Setlist eher kurz gehalten ist. Viel Zeit verwenden Kekenj und Heinzmann nämlich für ihre Ansprachen oder auch für die Einbindung des Publikums ins Programm: So darf ein Axel mal auf die Bühne, unter dessen Sitz eine Banane geklebt war. Da aber auch eine Juliane mit einer solchen Frucht winkt, darf sie ebenfalls oben Platz nehmen – sie hatte die Banane noch von einem Spaziergang in der Handtasche. Das alleine sorgt für viel Heiterkeit, noch mehr die Tatsache, dass sich die beiden offenbar kennen. Heinzmann und Jost dagegen nehmen in den Reihen Platz und singen von dort aus. Raum gibt es auch für eine ernste Sache, nämlich den Tod: So berichtet der große Stefanie-Heinzmann-Fan Clara über die Sterbebegleitung für ihren Onkel im Hospiz Haus Magdalena in Pirmasens. Sie überreicht einen Spendenscheck über 800 Euro an den Mitarbeiter Ruven Fernes-Jank, die Band stockt spontan auf tausend Euro auf.
Vielleicht ist die Setlist aber auch so kurz, insgesamt werden 15 Titel gespielt, weil es wohl eine Heidenarbeit sein muss, einen Popsong ins klassische Gewand zu übertragen. Eine Woche brauche er meistens dafür, erzählt Kekenj. Von daher muss es ihn wohl in Stress versetzt haben, als Heinzmann vier Tage vor der Tour doch noch gerne ihren ersten Hit „My Man Is a Mean Man“ dabeihaben wollte, entgegen ihrer ursprünglichen Absicht. Man solle ihn besser nicht fragen, wie er diese Zeit verbracht hat, sagt er. Aber auch dieses Arrangement passt, wie überhaupt es gar keine Beanstandungen gibt bei dem Crossover-Programm. Eher denkt man: Womöglich macht das Konzept Schule. Die Reaktion des Publikums spricht am Ende auch für sich: Die Leute springen für den Applaus von den Sitzen, als wären darin Federn losgegangen. sedi