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Reisen mit medizinischem Cannabis: Was innerhalb und außerhalb der EU erlaubt ist

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Foto: tekhnika / pixabay.com - (Bild 1 von 1)

Immer mehr Patienten nutzen medizinisches Cannabis zur Unterstützung ihrer Therapie. Sobald jedoch eine Reise bevorsteht, stellen sich wichtige Fragen: Ist es erlaubt, die verschriebenen Medikamente mitzunehmen? Welche Unterlagen werden dafür benötigt? Und welche Unterschiede gelten bei Reisen innerhalb der EU im Vergleich zu Drittländern?

Wer sich genauer informieren möchte, findet bei CanDoc ergänzende Hinweise rund um Cannabis auf Rezept und die rechtlichen Grundlagen.

Rechtliche Grundlagen: Medizinisches Cannabis in Deutschland

Medizinisches Cannabis ist in Deutschland seit 2017 für schwer erkrankte Patienten mit Rezept zugelassen, die Kosten können unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen werden. Mit dem Inkrafttreten des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) am 1. April 2024 wurde das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) für diesen Bereich abgelöst.

Seitdem können Ärzte Cannabis auf einem normalen Kassen- oder Privatrezept verordnen, die Abgabe erfolgt weiterhin ausschließlich in Apotheken. Anbau, Import und Vertrieb werden zentral vom BfArM (Cannabisagentur) überwacht, während das Arzneimittelgesetz (AMG) weiterhin die Qualitätsstandards (z. B. GMP) sichert.

Erlaubt sind Cannabisblüten und -extrakte mit definiertem Wirkstoffgehalt sowie Fertigarzneimittel wie Dronabinol, Nabilon oder Sativex®. Ziel der Reform ist die Entbürokratisierung, eine patientenfreundlichere Versorgung und die Sicherung medizinischer Standards.

 

Medizinisches Cannabis auf einen Blick

Rechtsstatus: seit 2017 zugelassen, seit 2024 durch MedCanG geregelt
Verschreibung: auf ärztliches Rezept, keine BtM-Rezepte mehr, Abgabe in Apotheken
Regulierung: Kontrolle durch BfArM, Qualitätsstandards nach Arzneimittelgesetz
Formen: Blüten, Extrakte, Fertigarzneimittel (z. B. Dronabinol, Nabilon, Sativex®)
Ziel der Reform: weniger Bürokratie, zentrale Kontrolle, patientenfreundlichere Versorgung

 

Reisen innerhalb der EU: Schengen-Bescheinigung

Wer medizinisches Cannabis innerhalb des Schengen-Raums mitnehmen möchte, benötigt eine sogenannte Schengen-Bescheinigung. Dieses Dokument bestätigt, dass das Medikament legal verschrieben wurde und ausschließlich für die persönliche Therapie bestimmt ist.

Die Bescheinigung wird von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt ausgefüllt und anschließend von der zuständigen Landesbehörde – meist Gesundheitsamt oder Bezirksregierung – beglaubigt. Sie ist maximal 30 Tage gültig und muss für jede Reise neu beantragt werden. Enthalten sind Angaben zu Patientendaten, Name und Wirkstoff des Cannabis, verschriebene Menge, Dosierung und Dauer der Reise.

Wichtig ist außerdem, dass das Cannabis stets in der Originalverpackung aus der Apotheke transportiert wird. Nur so lässt sich bei einer Kontrolle eindeutig belegen, dass es sich um ein ärztlich verschriebenes Medikament handelt. Am besten wird die Bescheinigung gemeinsam mit dem Rezept im Handgepäck mitgeführt, damit sie jederzeit vorgelegt werden kann.

Risiken ohne Bescheinigung: Wer das Formular nicht dabei hat, riskiert Schwierigkeiten an der Grenze, die Sicherstellung der Medikamente oder sogar ein Strafverfahren wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln.

Reisen in Länder außerhalb der EU: sehr unterschiedliche Vorschriften

Außerhalb der EU gibt es keine einheitlichen Regeln für die Mitnahme von medizinischem Cannabis. Jedes Land bestimmt selbst, ob und in welchem Umfang eine Einfuhr gestattet ist.

In einigen Staaten, beispielsweise Australien oder Neuseeland, kann medizinisches Cannabis unter engen Auflagen eingeführt werden. Dort müssen Patienten vorab eine Genehmigung beantragen und eine ärztliche Bescheinigung in englischer Sprache vorlegen. Zudem gelten oft sehr geringe Obergrenzen für die mitzuführende Menge.

Deutlich strenger ist die Situation in vielen Teilen der Welt, insbesondere in Asien. Länder wie Japan, Singapur oder Indonesien verbieten Cannabis in jeder Form – auch für medizinische Zwecke. Bereits kleinste Mengen können zu drastischen Strafen führen, angefangen bei hohen Geldbußen bis zu langen Haftstrafen. In Staaten wie Thailand gibt es zwar seit Kurzem eine teilweise Freigabe, die rechtliche Lage ist aber kompliziert und ändert sich schnell. Ein deutsches Rezept bietet dort keinerlei Rechtssicherheit.

Auch in arabischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien gilt ein striktes Cannabisverbot. Verstöße können schwerwiegende strafrechtliche Folgen haben.

Deshalb ist es für Patienten unverzichtbar, sich vor jeder Reise beim Auswärtigen Amt sowie direkt bei der Botschaft oder dem Konsulat des Ziellandes zu erkundigen. Nur so kann sichergestellt werden, ob eine Mitnahme überhaupt erlaubt ist, welche Dokumente erforderlich sind und ob im Vorfeld eine Genehmigung beantragt werden muss.

 

Achtung bei Reisen außerhalb Europas

In vielen asiatischen Ländern (z. B. Japan, Singapur, Indonesien) sowie in arabischen Staaten (z. B. Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien) ist Cannabis komplett verboten – auch medizinisch.
Schon der Besitz kleinster Mengen kann zu hohen Geldstrafen oder langen Haftstrafen führen.
Ein deutsches Rezept hat dort keine Gültigkeit.
Vor jeder Reise unbedingt beim Auswärtigen Amt sowie bei der Botschaft des Ziellandes aktuelle Informationen einholen.

 

Weitere wichtige Aspekte zu medizinischem Cannabis

1. Kostenübernahme durch Krankenkassen

Gesetzlich Versicherte können die Kosten in bestimmten Fällen erstattet bekommen. Voraussetzung ist, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und keine allgemein anerkannte Standardtherapie verfügbar ist. Die Krankenkasse muss den Antrag vor Beginn der Behandlung genehmigen.

2. Ärztliche Verschreibung

Cannabis darf in Deutschland von jedem approbierten Arzt (außer Zahn- und Tierärzten) verschrieben werden. Es ist kein spezieller Facharzt notwendig. Die Verschreibung erfolgt seit April 2024 auf einem normalen Rezept, nicht mehr auf einem Betäubungsmittelrezept.

3. Formen von Cannabis-Medikamenten

Neben Blüten stehen Extrakte mit definiertem THC- und CBD-Gehalt sowie Fertigarzneimittel wie Sativex®, Dronabinol oder Nabilon zur Verfügung. Welche Form verschrieben wird, hängt von der Erkrankung und den individuellen Bedürfnissen ab.

4. Häufige Anwendungsgebiete

Medizinisches Cannabis wird vor allem eingesetzt bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose, Spastiken, Appetitlosigkeit (z. B. bei Krebs oder HIV) und in Einzelfällen bei neurologischen Erkrankungen.

5. Rechtliche Unterschiede zu Freizeit-Cannabis

Während medizinisches Cannabis klar reguliert und nur mit Rezept erlaubt ist, gelten für Freizeit-Cannabis seit 2024 andere Regelungen. Eine Verwechslung sollte unbedingt vermieden werden, da für Patienten stets Nachweise über die medizinische Nutzung erforderlich sind.

Fazit: Vorbereitung ist entscheidend

Reisen mit medizinischem Cannabis ist grundsätzlich möglich, verlangt aber eine sorgfältige Planung. Innerhalb der EU sorgt die Schengen-Bescheinigung für Rechtssicherheit und erleichtert die Mitnahme, während außerhalb Europas sehr unterschiedliche Vorschriften gelten. Besonders in Asien und arabischen Staaten drohen strenge Strafen, sodass hier größte Vorsicht geboten ist. Wer rechtzeitig alle Unterlagen beantragt, sich über die Gesetze des Ziellandes informiert und die Medikamente korrekt in der Originalverpackung transportiert, minimiert Risiken und stellt sicher, dass die notwendige Therapie auch unterwegs gewährleistet bleibt. pr

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