Zweibrücken. Das deutsche Gesundheitssystem ist eines der teuersten der Welt - und doch liefert es im internationalen Vergleich nicht selten nur mittelmäßige Ergebnisse. Ausgehend von dieser Feststellung fordert Armin Grau, Grünes Mitglied des Bundestags-Gesundheitsausschusses, unter anderem stärker auf Prävention zu setzen, statt weiterhin vor allem auf kurative und oft operative Leistungen zu setzen und hochspezialisierte Leistungen nur an dafür geeigneten Zentren zu erbringen.
Gemeinsam mit Chefarzt Peter Schiedermaier vom Nardini-Kilinikum Zweibrücken, und dem ärztlichen Direktor Michael Zemlin, Uniklinik Homburg, diskutierte Armin Grau, selbst Neurologe und früherer ärztlicher Direktor, zentrale Ideen des Krankenhausversorgungsstärkungsgesetzes. Zum Thema „Wenn Pflaster nicht mehr ausreichen – Perspektiven der Krankenhausreform und medizinischen Versorgung …“ hatte der Grüne Kreisverband Zweibrücken in das Gemeindehaus der Zwinglikirche in Niederauerbach eingeladen.
Bislang sei es durch die Fallpauschalen für Krankenhäuser lukrativ und teilweise wirtschaftlich notwendig, aufwändige Behandlungen durchzuführen, auch wenn die Expertise durch kleine Fallzahlen zu wenig vorhanden ist, so Armin Grau. Gleichzeitig seien der ambulante und der stationäre Bereich kaum verknüpft. Drei Elemente beschrieb der Neurologe Grau als Grundlage der Krankenhausreform: eine Qualitätssteigerung durch die Beschreibung einheitlicher Leistungsgruppen mit konkreten Qualitätsvorgaben, eine höhere finanzielle Verlässlichkeit durch ein weitgehend Fallzahl-unabhängiges Vorhaltebudget, und eine bessere Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung durch sektorübergreifende Versorgungseinrichtungen. Zu verstehen seien darunter kleinere Zentren, in denen ambulante Behandlungen, Kurzzeitpflege und kurze stationäre Aufenthalte oder auch kleinere Eingriffe stattfinden können - beispielsweise durch niedergelassene Ärzte der Region. Finanziert werde die Reform durch einen Transformationsfonds von Bund und Ländern.
Im Nardini-Klinikum erscheine das grundsätzlich umsetzbar, wollte Dr. Schiedermaier der Idee nicht grundsätzlich widersprechen. Einsparungen könnten jedoch weniger Patientenbehandlungen bedeuten und kleine Krankenhäuser könnten Vorgaben für einzelne Leistungsgruppen nicht einhalten, müssten dann auch verknüpfte Bereich aufgeben.
Tatsächlich gehe die Krankenhausreform zentrale Punkte an, die für die jetzige Schieflage im Klinikbereich verantwortlich seien, lautete die Einschätzung von Prof. Zemlin. Insbesondere die Kostenexplosion durch falsche Anreize. Allerdings wachse selbst bei Unikliniken die Herausforderung, alle miteinander verknüpften Leistungsgruppen so vorzuhalten, wie es die Reform vorgebe.
In der vom Grünen Vorstandssprecher Stefan Sachtleben geleiteten Diskussion mit den etwa 30 Gästen spielte Weiterbildung eine wichtige Rolle. Ebenso wie mögliche längere Wege für Patientinnen und Patienten und die Überlastung niedergelassener Ärzte durch hohe Patientenzahlen. Als Lösung - auch für mehr ambulante Behandlungen - verwies Armin Grau auf die notwendige stärkere Kooperation zwischen Kliniken und Praxen. Einen wichtigen Beitrag können auch Medizinische Versorgungszentren leisten, die sich gerade in Trägerschaft der Kommunen bewährt hätten. Oft sind Facharzttermine nicht zu bekommen. Eine gezielte hausärztliche Beratung kann den Bedarf an Facharztterminen verringern, wie es sich auch in europäischen Nachbarländern bewährt habe.
Das von allen Podiumsgästen geteilte Fazit: Erfolg wird die Reform nur haben, wenn Patientinnen und Patienten und die Qualität ihrer Versorgung im Mittelpunkt stehen. Ohne gesicherte Klinikfinanzen werde es nicht funktionieren, aber entscheidend blieben motivierte Mitarbeitende in Pflege und Ärzteschaft - die bei Umsetzung der ersten beiden Punkte auch zurückgewonnen werden könnten.
Unsere Leserreporterin Julia Igel aus Zweibrücken