Mehr als 32.000 Unternehmen sind in Portugal Bestandteil der Automobilindustrie des Landes, und über 150.000 Arbeitsplätzen sind Teil dieses Wirtschaftszweiges. Da verwundert es wenig, dass jener Sektor der Industrie für das iberische Land nationale Bedeutung hat und mehr als ein Fünftel der staatlichen Steuereinnahmen generiert. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen Trends in der Automobilherstellung Portugals und versucht sich in einer Prognose über Zukunftstrends, die wir in ganz Europa in den nächsten Jahren erwarten können — bei Autos und letztlich auch anderen Branchen.
Enge Verquickung mit Deutschland
Mehr als 220 Automobilzulieferer sind in Portugal ansässig und vier Hersteller prägen das Gefüge, darunter neben PSA Peugeot Citroen, Toyota/Salvador Caetano und Mitsubishi Trucks auch Volkswagen AutoEuropa. Der große deutsche Autokonzern sorgt in diesem südeuropäischen Land für einen erheblichen Anteil der mittlerweile mehr als 300.000 pro Jahr dort hergestellten Fahrzeuge. Überhaupt fokussiert sich die portugiesische Produktion von Autos mit einem Exportanteil von über 97 % vor allem auf das (europäische) Ausland, insbesondere Deutschland. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Online-Shop Autodoc mittlerweile ein Tech-Hub in Lissabon betreibt, wie gummibereifung.de berichtet. Die Entwicklungen im Autosektor Portugals sind deswegen interessant, auch für die gesamte Wirtschaft Europas. Wir betrachten daher im Folgenden Trends in Sachen Produktivität und Beschäftigung und wagen eine Prognose, wie sich der Standort Europa industriell weiterentwickeln wird.
Es ist kein Geheimnis, dass Europa bestrebt ist, in Zukunft unabhängiger von anderen Regionen zu werden, wenn es um die Produktion von Mikrochips geht. Daher sind vor allem Fortschritte im Bereich Künstliche Intelligenz sowie (verquickt damit) eine zunehmende Automatisierung von Belang. Doch welche Auswirkungen haben heute und in naher Zukunft diese Tendenzen auf den portugiesischen sowie gesamteuropäischen Automarkt (und darüber hinaus auf andere Branchen)?
Produktivität versus Beschäftigung?
Die Steigerung der Produktivität eines Unternehmens ist seit jeher maßgeblich für dessen Erfolg verantwortlich. Wenn mehr in derselben Zeit produziert werden kann, also die Wertschöpfung steigt, so macht sich dies im Gewinn bemerkbar. Die Automobilbranche ist seit Jahren Sinnbild dafür, auch in Portugal. Schließlich ist dieses Produktionsfeld geprägt von sich wiederholenden Fertigungsschritten mit der Maßgabe hoher Genauigkeit. Einzelteile werden für jedes vom Band laufende Auto eines Modells auf die gleiche Weise zusammengebaut: je schneller und exakter, desto besser. Daher ist die Branche von einem hohen Grad an Automatisierung geprägt. Die Fertigungsstraßen haben einen erheblichen Anteil an Maschinen, was zu einer gleichmäßigeren Produktion bei weniger Fehlern führt. Ein Bonus ist definitiv, dass der Arbeitsplatz für Menschen sicherer wird und weniger Unfälle bei den Anlagen und Prozessen zu befürchten sind. Denn wenn Maschinen heute selbst gefährlichere Aufgaben ohne menschliches Zutun übernehmen können, sinkt auch die Unfallgefahr in den Fabriken. Letztlich können damit sowohl die Qualität der Autos als auch die Zufriedenheit der Kunden gesteigert werden. Doch mit Fortschritten in der (teil-)automatisierten Fertigung mitsamt den jüngsten Innovationen beim maschinellen Lernen und KI steht nicht nur bei der Automobilindustrie Portugals die Frage im Raum, welche Konsequenzen das auf die Beschäftigungszahlen haben wird. Wenn ein Land einen immensen Teil seiner Arbeitsplätze aus einem Sektor rekrutiert, der enorm von Automatisierung und KI-Unterstützung profitiert, sind negative Auswirkungen auf Beschäftigungszahlen zu befürchten. Positiv ist anzumerken, dass in Zukunft wohl vermehrt Fachkräfte im IT-, KI- sowie Automatisierungsbereich gefragt sein werden, ebenso wie Personal, um die Maschinen der Produktionsanlagen zu warten. Es wird sich demnach der Bedarf an menschlichem Input in andere Schwerpunkte verlagern. Doch ob dies den zu erwartenden enormen Arbeitsplatzverlust bei der Fertigung auffangen wird, bleibt abzuwarten. Hier müssen Regierungen eventuell intervenieren und für einen reibungslosen Übergang der industriellen Fertigung sorgen. Hinzu kommt, dass besonders die neuen Entwicklungen im Feld der künstlichen Intelligenz für einen rasanten Wandel sorgen werden. Denn bislang für Menschen prädestinierte kreativitäts- und lösungsorientierte Berufe können bald ebenfalls von Maschinen übernommen werden. So könnten Wartungs- und Reparationsprobleme künftig rein computerberechnet gelöst und bearbeitet werden. Wenn die Automobilfertigungsanlagen der Zukunft — ob nun in Portugal oder anderswo — vollautomatisiert laufen, und sich die Maschinen gar selbst diagnostizieren und danach reparieren, wo wird da noch der Mensch benötigt? Die nächsten Jahre werden es zeigen — und sicher wird nicht alles prognostizierbar sein. Doch wenn die Entwicklung entsprechend voranschreitet, wie es bislang den Anschein hat, ist die Automobilbranche ein guter, wenngleich auch düsterer Gradmesser für das Arbeitsplatzvolumen der Zukunft. jb