Es war das Jahr 1975, als das amerikanisches Wirtschaftsmagazin Businessweek ein Interview mit einem Top-Manager veröffentlichte und proklamierte, dass ab den 90er Jahren Büros papierlos funktionieren würden. Heute ist klar: Der Wunsch mochte zwar Vater des Gedankens gewesen sein, doch was viele Büroarbeiter heute noch an Papieren und Akten schleppen, beweist das Gegenteil. Die Realität verzichtet ungern auf Papier und das papierlose Büro gleicht einer Utopie. Aber stimmt das? Oder gibt es nicht doch deutliche Fortschritte, die wenigstens einen Teil des Papiers überflüssig machen? Und wie könnte sich die Arbeitswelt diesbezüglich künftig weiterentwickeln?
Buchhaltung: Hier tut sich was
Eigentlich ist der Fakt unglaublich interessant, denn gerade die Buchhaltung würde von den meisten Menschen als absolut bürokratisch beschrieben werden. Allerdings gab es hier die meisten bedeutenden Schritte hinein in ein weniger papierbasiertes Büro. Die Grundlage dafür war sogar ein Gesetz, denn Quittungen, Belege und Rechnungen müssen längst digital vorliegen. Aber es geht weiter:
- Softwares – Buchhaltungssoftwares erleichtern die Buchhaltung ungemein und führen von sich aus zu weniger Papier. Da alle Belege im Handumdrehen gespeichert, eingescannt oder auch erstellt werden können, ist das Papier oft völlig obsolet.
- Schnittstellen – die Softwares arbeiten mit Schnittstellen zu Konten, Steuerberatern und zuletzt auch dem Finanzamt. Unterlagen, Anträge und Abrechnungen können so völlig papierlos in Sekundenschnelle übermittelt und bearbeitet werden.
- Cloudbasiert – viele Softwares sind cloudbasiert oder bieten die Online-Speichermöglichkeit. Das erleichtert den papierlosen Umgang unterwegs, denn die Quittung der Tankstelle wird nun gleich fotografiert, hochgeladen und korrekt in das entsprechende Konto gebucht.
Doch auch die beste Software ersetzt bislang nicht jedes Papierstück. Je nach Betrieb müssen Unterlagen weiterhin zusätzlich in handelsüblicher Form aufbewahrt werden. Auch müssen Geschäfte weiterhin Quittungen ausstellen, wenngleich es dort mittels Kundenapp die Option gibt, auf den papierlosen Kassenzettel zurückzugreifen.
Welche Schreiben müssen noch zwingend per Post verschickt werden?
Ein völlig anderes Thema ist der Schriftverkehr. Sicherlich hat die digitale Welt auch in diesem Bereich einen großen Stellenwert erhalten, dennoch hängen die digitalen Möglichkeiten von der eigenen Branche und auch dem Gegenüber ab. Während einfache Kundenschreiben unter Umständen per E-Mail versandt werden können, sind andere Bereiche weiterhin dem echten Papier unterworfen. In diesen Bereichen sollten sich Betroffene mit den möglichen Briefformaten und den Portokosten genauer beschäftigen. So lassen sich die Kosten im Rahmen halten.
Hier ein Überblick über Bereiche, in denen Postschreiben noch oft genutzt werden:
- Behörden – Fakt ist, dass oftmals erlaubt wird, einfache Schreiben via E-Mail einzureichen und sich auch auf dem Weg kontaktieren zu lassen. Steuerbescheide können auch rein digital angenommen werden. Doch rund um Anträge, Rückfragen, Anmeldungen und andere offizielle Belange ist die Papierform eines Antrags weiterhin das Nonplusultra. Künftig soll sich das zwar ändern, doch mit der Einstellung der DE-Mail dürfte sich der Prozess noch hinziehen.
- Gericht und Recht – Mandanten können mit ihrem Rechtsanwalt vereinbaren, Unterlagen auf dem digitalen Weg zu erhalten. Etliche Gerichte bieten mittlerweile auch an, Schriftsätze oder Schreiben digital über eine Anwaltssoftware einzureichen, sofern der Anwalt dazu berechtigt ist. Klagen, Anträge und Urteile werden dennoch oft noch in Papierform erwartet und zugestellt.
- Fristen – hier gilt in vielen Bereichen: Das Papier zählt. Dennoch hat sich etwas verändert, denn das einst vorab versandte Fax zur Wahrung der Frist ist zu einer E-Mail mit demselben Wortlaut geworden. Grundsätzlich gilt auch im Privaten, dass Fristen möglichst per Post und einem Einschreiben kombiniert werden sollten. Mit entsprechender Software ist die Fristwahrung auch auf dem elektronischen Weg möglich.
Doch wo ist eigentlich das Problem? Weshalb steht beispielsweise die digitale An- oder Ummeldung eines Fahrzeugs nur in wenigen Städten zur Verfügung? Weshalb können Kindergeldanträge nicht digital erfolgen? Die Schwierigkeit liegt häufig in der Verifizierung des Bürgers oder Antragstellers. Der Personalausweis mit E-Funktion ist noch nicht weit verbreitet, die Nutzung der Ausweisapp noch weniger. Die Verifizierung und die Signatur über diesen Weg ist somit nicht rechtssicher möglich, sofern es sich nicht um Ansprechpartner in der Privatwirtschaft handelt. Online-Kredite sind auf dem Weg längst die Norm.
Ein anderes Problem ist die Nutzungsmöglichkeit digitaler Unterlagen. Softwares sind untereinander nicht immer kompatibel, sodass es bislang kaum möglich ist, beispielsweise einen Arztbericht aus dem Krankenhaus digital dem Hausarzt vorzulegen. Wurden spezielle Untersuchungen durchgeführt, können diese bislang oft weder digital noch als CD weitergenutzt werden, da die Praxen keine Öffnungsmöglichkeit haben. Ohne den gewöhnlichen Bericht auf Papier wäre eine Weiterbehandlung des Patienten also nicht möglich. Auch die elektronische Krankenakte behebt diese Problematik nur unzureichend.
Terminplanung, Projektmanagement und Notizen: Für alles gibt es Software
Rund um das papierlose Büro hapert es häufig an der Kommunikation nach außen, insbesondere, wenn es sich um Behörden handelt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich in vielen Unternehmen nicht hinter den Bürotüren viel gewandelt hat. Spätestens seit der Corona-Krise dürfte in den meisten Betrieben entsprechende Software eingezogen sein. Und von dieser gibt es allerhand:
- Terminplanung – ältere Sekretärinnen kennen es noch: Ein Termin wurde vereinbart, im Sekretariatskalender eingetragen, dann wurde von Raum zu Raum gelaufen, um diesen Termin bloß in alle wichtigen Kalender zu schreiben – nur, um beim Blick auf Chefs Kalender festzustellen, dass dieser exakt zu dieser Zeit ein Treffen vereinbart hat. Mit der digitalen Terminplanung ist dieses Problem behoben, denn durch geteilte und synchronisierte Kalender weiß jeder direkt, wann ein freies Zeitfenster vorliegt. Auch innerhalb des Teams und mit Mobile Workern und Außendienstmitarbeitern lassen sich Abstimmungen nun per Mausklick erzielen.
- Projektmanagement – es gibt unglaublich viele Softwares, die das Projektmanagement unterstützen und übernehmen. Der Umfang der Programme variiert dabei, sodass jeder Betrieb etwas für seine Belange finden kann. Die einfachsten Programme bieten Denkcharts, die komplexesten Programme hingegen alles, was das Herz begehrt – samt Analysen, Statistiken, Hintergründe, virtuellen Teamräumen. Trello ist eines dieser Programme, welches im Handumdrehen Projekte managen und Aufgaben verteilen lässt.
- Notizen – wo war noch gleich der Zettel? Viele Notizen werden heute gleich auf dem Bildschirm abgelegt – in Form von Softwares, die nicht selten sharing-Funktionen haben. Oft kommen die Programme praktisch mit Kalenderfunktionen und To-Do-Listen, nicht selten auch mit netten Timerfunktionen. Der Vorteil: Viele der Softwares laufen auf Computern ebenso wie auf mobilen Geräten, sodass sie immer mit dabei sind.
Während Termin- oder Projektsoftwares durchaus branchenübergreifend genutzt werden können, bietet der Markt auch spezialisierte Formen an. Architekten können längst via Software ihre neuen Hausprojekte planen, gestalten und realisieren, während im Handwerk Softwares dabei helfen, Materialmengen zu berechnen. Auch in diesen Bereichen entfällt also Papier.
Problematisch wird der Verzicht auf Papier und handelsübliche Akten, wenn Unterlagen von Seiten des Unternehmens aufbewahrt werden müssen. Viele Unterlagen können nicht rechtssicher und nutzungssicher digitalisiert werden, müssen also wieder auf dem alten Wege abgelegt werden.
Fazit – völlig papierlos ist noch eine Utopie
Es wird noch lange dauern, bis die Arbeitswelt überwiegend ohne Papier auskommt und der Traum vom papierlosen Büro zur Realität wird. In vielen Bereichen hat längst ein Umdenken stattgefunden, sodass Betriebe intern auf Softwarelösungen setzen und möglichst auf Papiere verzichten. Für die Kommunikation nach außen ist der altbekannte Brief dennoch oft das einzige Mittel der Wahl. Anders verhält es sich in Bereichen wie der Buchhaltung. Steuer- und Buchhaltungssoftwares erleichtern nicht nur den Alltag, sie erlauben auch den weitestgehenden Verzicht auf Papier. Doch auch in diesem Bereich zeigen sich Unterschiede. Kann ein Büro digitalisiert werden, so sind Geschäfte trotz digitaler Kassen noch gezwungen, einen echten Kassenbon auszudrucken – sofern sie nicht über eine eigene App mit elektronischen Bons verfügen. red./jb