Nichts tun ist nicht ihr Ding

Mary-Rose Bramer und Michael Adam.Foto: Stadt
Mary-Rose Bramer und Michael Adam.Foto: Stadt - (Bild 1 von 1)

Sulzbach. „Ich bin nicht die, die sich zur Ruhe setzen kann“, sagt Mary-Rose Bramer. Und dennoch ist der Abschied der Ersten Beigeordneten der Stadt Sulzbach nun vollzogen. Bei der Kommunalwahl am 9. Juni trat die 75-Jährige nicht mehr an. „Ich bin der Meinung, dass ein gutes Alter erreicht ist“, erklärt die gebürtige Aachenerin, die ihr Ehrenamt seit dem 9. November 2010 bekleidete.

An diesem Tag wurde sie vom Stadtrat als Erste Beigeordnete gewählt und füllte diese Rolle drei Amtsperioden lang mit ihrer ganz eigenen Art aus: demütig, geerdet, humorvoll, fachlich kompetent und immer als hervorragende Repräsentantin der Stadt.

Ihr Motto hat ihr dabei wohl geholfen: „Et kütt wie es kütt“, wie man nicht nur in Köln sagt, wenn man meint „Es kommt, wie es kommt“ oder wie Mary-Rose Bramer sagt: „Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen.“ 1949 erblickt sie als Mary-Rose Roderburg in Aachen das Licht der Welt, arbeitet im Tabakwarengeschäft ihres Vaters mit, der kurz vorher unerwartet verstorben war. So lernte sie den Beruf Kauffrau von der Pike auf. Das Süßwarengeschäft leiten ihre Mutter und ihre Schwester.

In Aachen lernt sie auch ihren späteren Mann Wolfgang kennen und lieben, der bei der Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH tätig war. Er stammt aus Bischmisheim und wuchs in Spiesen auf. Gemeinsam leben Mary-Rose und Wolfgang zuerst in Aachen, später in Oldenburg. Als ihr Mann den Vertrieb im Saarland übernimmt, ziehen sie direkt hierher, erst nach Friedrichsthal und 1980 ins eigene Haus in Hühnerfeld. In Heinitz arbeitet sie später beim Schwiegervater in dessen Geschäft. Sie haben mit Ulfert (50) und Olaf (40) zwei Söhne. 44 Jahre lang sind sie verheiratet – bis Wolfgang erkrankt und verstirbt. „Dieses Jahr wären wir 56 Jahre verheiratet“, blickt Mary-Rose Bramer zurück.

In Hühnerfeld wird sie direkt mit offenen Armen empfangen und integriert sich in die Vereinswelt. Sie tritt der Karnevalgesellschaft Ka-Ju-Ka bei, wo sie bis 2010 mit den Dolls singt, „als Stimme Brummbär“, wie sie lachend erzählt. Auch heute noch hilft sie mit bei der Dekoration des Martin-Luther-Hauses, in der die Kappensitzungen stattfinden. Sohn Ulfert ist Geschäftsführer der Ka-Ju-Ka, seine Frau Julia die Sitzungspräsidentin und Sohn Olaf tanzt bei den Kadetten mit.

In ihrem neuen Wohnort unterstützt sie auch den Arbeitskreis Hühnerfelder Brefelder Kinder, mit dem über die Jahre Tausende Euro für die Elterninitiative krebskranker Kinder in Homburg gesammelt und gespendet werden. Später wird sie auch Vorsitzende. Dabei nimmt sie auch teil an den Freizeitfahrten für bis zu 60 Kinder, die in verschiedene Jugendherbergen unter anderem nach Dreisbach oder Lichtenberg führen. Auch in der Katholischen Kirchengemeinde St. Marien Sulzbach ist sie engagiert, betreut den Kindergottesdienstkreis oder engagiert sich bei den Aktionen der Sternsinger sowie denen der Klepperkinder.

In ihrer neuen Heimat tritt sie auch der CDU bei. Seit sie 2010 in den Stadtrat gewählt wurde, hatte sie lediglich drei Sitzungen des Gremiums verpasst, wie sie stolz erzählt. Informiert und gut vernetzt war sie ohnehin schon immer. „Wenn man Beigeordnete ist, sollte man schon wissen, was läuft“, erklärt sie.

Sie geht nun mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Weinend, da sie sagt: „Es war eine schöne Zeit. Im gesamten Rathaus bekomme ich sehr tolle Unterstützung. Vielen Dank an alle.“ Eine Art Lieblingsbetätigungsfeld hatte sie nicht, sie achtete aber genau darauf, dass die Friedhöfe in einem gepflegten Zustand sind. Von den vielen Weggefährten und Anekdoten ist ihr eine sehr im Gedächtnis geblieben. 2015 ist Mary-Rose Bramer die erste in Sulzbach, die eine syrische Flüchtlingsfamilie aufnimmt. Das Paar, das nun mit den zwei Kindern im eigenen Häuschen in Sulzbach wohnt, trifft sie im Herbst im Globus in Dudweiler nach langer Zeit wieder – sofort sei wieder eine enge Verbundenheit dagewesen.

Mit einem lachenden Auge blickt sie zurück, da sie selbst am besten weiß, dass sie sich nicht einfach „zur Ruhe setzen“ kann. „Immer zu Hause zu sein, ist nicht meine Welt“, sagt sie. Dennoch sei es ein komisches Gefühl gewesen zu wissen, dass jede Veranstaltung, die sie in den letzten Wochen offiziell besuchte, ihre letzte als Erste Beigeordnete sein würde. Ein Aktionstag zum Thema Demenz war eine ihrer letzten offiziellen Veranstaltungen – der Name war in Bezug auf Mary-Rose Bramer wohl genau passend: „Vergiss-mein-nicht“. red./dos

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