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Mit 66 fängt das Pflegen an?

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Weiskirchen. Der AWO-Kreisverband Merzig-Wadern lud erneut zu einem hochkarätigen Podium ein, diesmal nach Weiskirchen mit dem Thema „Mit 66 Jahren, da fängt das Pflegen an? “.

Der AWO-Kreisvorsitzende Dr. Alexander Brehm wies darauf hin, dass die AWO wichtige Themen der Zeit öffentlich debattieren wolle. Die Pflege sehe sich massivem Fachkräftemangel ausgesetzt, der Bereich der häuslichen Pflege sei größer als man denke, allein im Saarland würden 70.000 Menschen zuhaus von Angehörigen betreut, oft von Frauen, die dann auch noch die eigene Altersversorgung riskieren würden.

Saarlands Sozialminister Dr. Magnus Jung (SPD) sagte in seinem Eingangsstatement: „Allein das Interesse zeigt, dass die Pflege sehr bewegt. Die Pflegeversicherung ist in einer finanziellen Krise. Alle Experten sehen ein enormes Milliarden-Defizit im Bund. Aus diesem Grund wurde eine Kommission mit den Ländern eingerichtet, mit dem Ziel, die Finanzen auszugleichen, ohne die Beiträge zu erhöhen. Auch die Belastung der Familien durch private Zuzahlungen soll nicht weiter explodieren.“ Dazu sagte er weiter: „Ich habe den Eindruck, dass es vor allem darum geht, die Arbeitnehmer zu belasten und die Arbeitgeber zu schonen. Einige Modelle in dieser Richtung liegen auf dem Tisch. Wir müssen erreichen, dass dies nicht so kommt und die Solidarität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erhalten bleibt.“

Zugleich würden die privaten Pflegekassen Vermögen anhäufen, ohne Risikoausgleich an die gesetzlichen Pflegekassen, was man durchbrechen müsse. Ein guter Ansatz sei die Förderung der Prävention, da jeder etwas tun könne, um das eigene Pflegerisiko zu minimieren. „Darauf setzen wir und auf das Prinzip der sorgenden Gemeinschaft. Die häusliche Pflege werden wir nie ersetzen können.“ Jung warb für das Projekt Saar:66, das aktuell landesweit in den Kommunen ausgerollt werde. Auch habe die Zahl der „Nachbarschaftshelfer“ enorm zugenommen. „Die neuen Netzwerke in den Kommunen beziehen die Pflegestützpunkte und alle sozialen Träger mit ein. Wir wollen damit sehr niedrigschwellig Kontakte zu allen Angeboten herstellen“, sagte Jung, der die AWO als sehr verlässlichen Partner bezeichnete. Das Saarland sei das einzige Land, dass die Präventionsmittel der Pflegekassen komplett in Anspruch nehme. „Wir werden jetzt in die Gesundheit der Saarländer investieren. Das wird sich in der Zukunft auszahlen“, kündigte der Minister an. Erfreulich seien die Erfolge in der Berufsausbildung, die Pflege sei inzwischen der beliebteste Ausbildungsberuf. Allerdings sei die Abbrecherquote zu hoch, weshalb man in Schulsozialarbeit investieren und ein Pflegestudium im Saarland anbieten werde. Bezahlung und Stimmung in der Pflege hätten sich enorm verbessert.

An der Diskussion beteiligten sich neben Jung der AWO-Landesgeschäftsführer Jürgen Nieser, Dominik Groß vom Pflegestützpunkt Merzig-Wadern und Weiskirchens Bürgermeister Stephan Barth. Es moderierte die Landtagsabgeordnete Martina Holzner. Groß stellte die praktische Arbeit des Pflegestützpunktes vor und empfahl ihn als Anlaufstelle. Gravierend sei zum Teil die Bürokratie. Jürgen Nieser betonte, dass die AWO ein gemeinnütziger, Träger sei, der auch in schwierigen Situationen kurzfristigunterstützen könne. „Das Thema Prävention ist ganz wichtig. Der ehrenamtliche Bereich der AWO leistet hier einen nicht zu unterschätzenden Beitrag auf Augenhöhe.Unsere Seniorenzentren sind stets bereit sich mit fachlichem Rat und Unterstützung nach Außen zu öffnen.“ Bürgermeister Stephan Barth plädierte für eine einheitliche Bürgerversicherung und Sozialabgaben auf Kapitalerträge, um in Deutschland eine echte Solidargemeinschaft zu gründen.

 

Unser Leserreporter Alexander Brehm aus Merzig

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