Berus. Dieser Tage unternahm der Europa Denkmal Verein nach langer Coronapause wieder eine Fahrt mit kulturellem Schwerpunkt in das benachbarte Elsass-Lothringen. Hier gibt es noch viele Schätze zu entdecken, die kaum einer im Saarland kennt. Unter den 42 Fahrtteilnehmern war auch Präsident Alfred Blechschmidt der Association Jumelage L’Hôpital und einige seiner Freunde aus der lothringischen Partnerstadt.
Nach dem Treffen am Marktplatz in Überherrn ging es mit dem Bus der Firma Jochem über die französische Autobahn zum ersten Halt in Neuwiller-lès-Saverne, einer kleinen elsässischen Stadt (1 100 Einwohner) im Naturpark Nordvogesen mit typischen Sandstein- und Fachwerkhäusern. Neben der Besichtigung der heute protestantischen Kirche St. Adelphus, um 1200 bis 1225 im Übergangsstil von Romanik zu Gotik erbaut, stand das gegenüber liegende um 720 gegründete Kloster mit seiner Abteikirche St. Peter und Paul im Zentrum der Besichtigung. Es wurde in den ersten Jahren seines Entstehens unter anderem vom Hl. Pirminius geleitet und gehört zu den ältesten Klöstern am Oberrhein. Die Kirche zählt zu den künstlerisch wertvollsten und stilistisch vielfältigsten im Elsass: karolingische Krypta (um 800), romanische Kapelle (11. Jahrhundert), Chor und Querhaus im Übergangsstil zur Gotik (12. Jahrhundert), rein gotisches Langhaus (13. Jahrhundert), klassizistische Fassade und Turm (1768) mit barocken Elementen.
Am wertvollsten aber sind die in der Stephans Kapelle der St. Peter und Paul Kirche aufbewahrten vier Bildteppiche (je 5,00 Meter x 0,95 Meter) aus den Jahren 1468 bis 1474 mit Szenen aus dem Leben des Hl. Adelphus aus Metz, die man nur auf Anmeldung besichtigen kann. Die einzelnen Szenen werden von Schriftbändern begleitet, deren überwiegend deutschsprachigen Texte in gotischer Minuskel geschrieben und meist als gereimte Verspaare verfasst sind. Diese Teppiche zählen zu den prächtigsten Erzeugnissen spätmittelalterlicher Teppichkunst im deutschsprachigen Raum und werden seit über mehr als einem halben Jahrtausend nahezu unversehrt an ihrem Bestimmungsort aufbewahrt.
Danach ging es mit dem Bus zum Château du Haut-Barr, welches auf drei Felsen südwestlich von Zabern (Saverne) 470 Meterhoch über dem bewaldeten Tal der Zorn erbaut wurde. Bei günstigem Wetter ist von hier aus das Straßburger Münster zu sehen.
Deshalb trägt die Burg auch den Beinamen ‚Auge des Elsass‘. Nach einem Crémant-Aperitif und einem Trompetensolo von Helmut Bulle ging die Fahrt in Richtung Saverne weiter, oftmals als ‚Elsässisches Versailles‘ bezeichnet. Hier erwartete uns in einem typisch elsässischen Restaurant direkt am Canal de la Marne au Rhin ein dreigängiges Menü, das die Gruppe bei guten Gesprächen und einem ausgezeichneten Wein genießen konnten.
Höhepunkt des Tages war der Besuch des Schlosses Rohan mitten in der Stadt Saverne mit der Ausstellung zum Nachlass der bekannten ‚Europäerin mit Leib und Seele‘ Louise Weiss (1893 - 1983). Diese Ausstellung erzählt die Geschichte einer Frau, die Vorreiterin der europäischen Idee war.
Als mehrsprachige französische Politikerin, Schriftstellerin, Journalistin, Dokumentarfilmerin und Feministin engagierte sie sich schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg für europäische Integration, internationale Zusammenarbeit, Frieden und Frauenrechte – also lange schon vor den ‚Großen Europäern‘ Jean Monnet, Aristide Briand, Robert Schuman, Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi, Josef Besch und Paul Henri Spaak. Deshalb gab man ihr auch den Beinamen ‚Großmutter Europas‘ wie die Gästeführerin Claire de Van erläuterte. Ihr Leben widmete Louise Weiss dem Streben nach Frieden, zunächst durch ihre Arbeit für mehrere Zeitungen, später durch ihren Kampf für das Frauenwahlrecht. Während des Zweiten Weltkriegs half sie, jüdische Kinder vor den Nazis zu retten, und schloss sich dem französischen Widerstand an. Louise. red./jb