Wadern. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, fünf hochrangige Politikerinnen und Politiker innerhalb von vier Tagen zu treffen und mit ihnen zu diskutieren? Schülerinnen und Schüler des Hochwald-Gymnasiums Wadern hatten diese Chance in Berlin im Rahmen des Planspiels Modell Europa Parlament. Bei der Eröffnung des Schülerparlaments waren die Europaabgeordnete Gabriele Bischoff, die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann und die Bundestagsabgeordnete Emily Vontz anwesend und beantworteten Fragen der Jugendlichen. Bei der Plenarsitzung nahmen sich der regierende Bürgermeister von Hamburg und Bundesratspräsident Peter Tschentscher und die Bevollmächtigte Hamburgs beim Bund Almut Möller Zeit für die Schülerinnen und Schüler. Florian Vogt aus Wadern wurde die Ehre zuteil, die Diskussion mit Almut Möller im Plenarsaal des Bundesrates mit zu moderieren.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen jedoch nicht diese Begegnungen, sondern es ging darum, dass die Jugendlichen aus ganz Deutschland sich selbst als „Europaabgeordnete“ betätigten. Sie schlüpften für eine Woche in diese Rolle und entwarfen in acht Ausschüssen Resolutionen zu aktuellen europapolitischen Themen. Unter anderen wurde diskutiert, wie Europa sich gegen Bedrohungen durch Cyberangriffe wehren kann, wie klimaneutrale Verkehrsnetze in Europa aufgebaut werden können oder welche Einwanderungsstrategie die EU entwickeln sollte. Dabei lernten die „Europaabgeordneten“, wie mühsam es sein kann, in einem Ausschuss eine tragfähige Formulierung zu suchen, die am Ende eine Mehrheit findet. Sie rangen um die besten Lösungen und mussten dabei auch so manchen Kompromiss eingehen. Um das Szenario noch realistischer zu machen, schlüpften die Jugendlichen dabei auch noch jeweils in die Rolle eines EU-Landes, das sie im Planspiel vertraten. Die HWG-Schülerinnen und Schüler zum Beispiel übernahmen die Rolle Rumäniens.
Nach den Ausschusssitzungen wurden die erarbeiteten Resolutionen in den Länderdelegationen besprochen. Es konnten noch Änderungsanträge gestellt werden, und dann ging es in die zweitätige Plenarsitzung. Eine Besonderheit des Modell Europa Parlament ist es, dass der Deutsche Bundesrat dieses Projekt unterstützt und den Jungpolitikern für die Plenarsitzung den Plenarsaal des Bundesrates zur Verfügung stellt. Allein schon dieser Tagungsort macht das Planspiel zu etwas Besonderem, denn die Schülerinnen und Schüler nehmen auf den Stühlen Platz, auf denen sonst die Vertreter ihrer Landesregierungen sitzen, um bei der Gesetzgebung des Bundes mitzuwirken. In der Plenardebatte werden alle acht Resolutionen diskutiert. Es werden Reden für und gegen die Ausschussvorlagen gehalten und wie in der richtigen Politik wird am Ende abgestimmt. Einige der Jungpolitiker mussten dabei auch die Erfahrung machen, dass ihre mühsam erarbeitete Vorlage von der Mehrheit des Plenums abgelehnt wurde – auch das gehört zur Politik.
Für die saarländische Delegation hielt das diesjährige MEP noch eine Besonderheit bereit: Mit Emily Vontz, seit Januar jüngste Bundestagsabgeordnete in Berlin, hatten sich die HWG´ler schon im Vorfeld in Wadern getroffen. Emily Vontz als ehemalige HWG-Schülerin war nämlich vor einigen Jahren selbst Teilnehmerin des Modell Europa Parlament in Berlin. Sie ließ es sich nicht nehmen, die Waderner Jugendlichen zu sich in den Bundestag einzuladen. Pizza in einem Sitzungssaal des Bundestages mit einer Abgeordneten zu essen und dabei Erfahrungen auszutauschen – auch das gibt es wohl nur beim MEP. Schließlich konnten die jungen Abgeordneten auch noch auf die Dachterrasse des Bundestages, die zu diesem Zeitpunkt für andere Besucher schon gesperrt war, und noch einen Blick auf das abendliche Berlin werfen.
Emily Vontz betont immer wieder, dass für sie die Teilnahme am Modell Europa Parlament der entscheidende Impuls war, sich politisch zu engagieren. Die Verbundenheit mit diesem Projekt hat auch dazu geführt, dass sie sich bereiterklärt hat, für den Vorsitz des Trägervereins „Modell Europa Parlament Deutschland e.V.“ zu kandidieren. In der Jahreshauptversammlung des Vereins wurde sie einstimmig in dieses Amt gewählt und wird sich weiterhin für das Projekt engagieren. Ihre Nachfolgerinnen und Nachfolger vom HWG haben auf jeden Fall in dieser Woche wichtige Erfahrungen gesammelt, die in der Schule so nicht vermittelt werden können. Am Rednerpult des Bundesrates zu stehen und zu 150 „Abgeordneten“ zu sprechen: Das gibt es in der schule nicht und das muss man sich auch erst einmal trauen! Und wer weiß: Vielleicht ist unter ihnen ja schon jemand, der in Zukunft ebenfalls in politischen Ämtern Verantwortung übernimmt.
Hintergrund: Das Projekt Modell Europa Parlament ist fest im Schulprofil des Hochwald-Gymnasiums verankert. Die Schule vertritt bei diesem bundesweiten Planspiel seit 20 Jahren das Saarland. Alle Neuntklässler des HWG machen an einem Projekttag Bekanntschaft mit dem MEP. In der Klassenstufe 10 gibt es dann eine Arbeitsgemeinschaft, die die Jugendlichen auf die Teilnahme in Berlin vorbereitet. In diesem Jahr haben folgende Schülerinnen und Schüler am MEP in Berlin teilgenommen: Neo Meirer, Felicia Sauer, Lena Dickmann, Alexander Jacob, Julia Joseph, Laura Junker, Anne Schumacher, Simon Haupert und Lara Herrmann. Florian Vogt hat als Ausschussvorsitzender einen Ausschuss in Berlin geleitet. Die AG wird von Politiklehrer Edwin Didas geleitet. Die Gruppe wurde in Berlin von Katrin Apotekar und Edwin Didas betreut.
Unser Leserreporter Edwin Didas aus Nohfelden