Heavy Metal: 10 spannende und lehrreiche Fakten rund um Eisen und Stahl

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In Sachen Bedeutung als Konstruktionsmaterial reicht nur wenig an Eisen und Stahl heran. Doch wie bei so vielen alltäglichen Dingen: Man neigt leicht dazu, sie zu übersehen. Foto: stock.adobe.com / industrieblick - (Bild 1 von 1)

Eisen, oder besser: Werkstoffe, die als maßgeblichen Anteil das Element Eisen enthalten, sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken – und werden es niemals sein. Allerdings erfahren diese so wichtigen Werkstoffe außerhalb der Branche nur selten die Beachtung, die angesichts ihrer Bedeutung verdient wäre. Daher haben wir im Folgenden einige „Fun-Facts“ zusammengestellt.

Übrigens: Wer sich schon immer fragte, wer den Genre-Begriff Heavy Metal bzw. generell Metal geprägt hat. Es war die Band Steppenwolf im 60s-Klassiker Born to be wild – „I like smoke and lightnin’, heavy metal thunder.”

1. Warum das rostfreie Küchenmesser trotzdem rostet

Rost ist eine Unterform der Korrosion. Doch während viele Materialien korrodieren können, ist Rost nur auf Eisenhaltiges beschränkt. Dagegen haben sich im Verlauf der Jahre verschiedene Gegenmaßnahmen etabliert – inklusive dazugehöriger Bezeichnungen wie

  • Rostfrei,
  • Stainless oder
  • Inox.

Ihnen allen gemein ist, dass der Stahl in diesem Fall eine komplexere Legierung ist. Normalerweise entsteht Stahl, wenn man Eisen und höchstens zirka 2 Prozent Kohlenstoff vermengt – das rostet jedoch wirklich rasend schnell. Allerdings lässt sich diese Mixtur noch beträchtlich erweitern. Einer der wichtigsten Stoffe hierfür ist das Übergangsmetall Molybdän. Ein anderer wäre Chrom. Diese sind ein deutlich härterer Gegner für Korrosion

Stellt sich nur die Frage: Warum zeigt das durch seinen Klingenstempel eindeutig „rostfreie“ Küchenmesser trotzdem schon Flugrostspuren, wenn es beispielsweise zu lange nass auf der Spüle lag?  

Ganz einfach: Auch höher legierte Stähle können nach wie vor rosten. Die Legierungsbestanteile verlängern nur den Zeitraum, bis das geschieht. Der ist jedoch relativ. Schon eine Stunde kann durchaus genügen, um erste Rost-Pickelchen entstehen zu lassen. Fachleute nehmen deshalb lieber den präziseren Begriff Rostträger Stahl.

Damit ein Stahl gar nicht mehr rosten würde, müsste sein Eisenanteil massiv verringert werden – dann wäre es jedoch kein Stahl mehr.

2. Edelstahl ist nicht edel – aber sehr sauber

Edelstahl gehört ebenfalls zu denjenigen Werkstoffen, denen meist automatisch eine geringe Rostneigung attestiert wird. Stimmt allerdings nicht. Denn definitionsgemäß haben Legierungen, die so genannt werden dürfen, lediglich einen besonders niedrigen Anteil der beiden Elemente Schwefel und Phosphor.

Dadurch ist Edelstahl im chemischen Sinn nur ein besonders sauberer und dadurch hochwertiger Stahl – Schwefel und Phosphor sind sogenannte Stahlschädlinge. Sie reduzieren wichtige technische Eigenschaften.

Allerdings gehören in der Tat viele Edelstahllegierungen zu den rostträgen Stählen. Dennoch darf man beides keinesfalls verallgemeinern.

Übrigens: Absolut niemals ist ein Edelstahl ein Edelmetall – das sind völlig andere Materialien.

3. Ein sehr, sehr dickes Rezeptbuch

Eisen kann mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Elementen legiert werden. Dabei sind nicht nur verschiedenste Kombinationen möglich, sondern ebenso variierende Mengen. Das ist deshalb so wichtig, weil jedes Element andere Eigenschaften verstärkt oder abschwächt.

Tatsächlich dürften die Stahlkocher dieser Welt deshalb das dickste „Kochbuch“ überhaupt besitzen. Denn es existieren nicht weniger als mindestens 3.500 bekannte Legierungen, die sich hinsichtlich ihrer Eigenschaften teils extrem voneinander unterscheiden. Doch selbst bei extrem hochlegierten Stählen beträgt der Eisenanteil deutlich mehr als 50 Prozent.

4. Der Recycling-Weltmeister

Was den Fußabdruck von Stahl anbelangt, wird meistens nur der hohe Energieverbrauch beim Einschmelzen kritisiert – und der aus chemisch-physikalischen Gründen bei traditionellen Methoden entstehende CO2-Ausstoß.

Tatsächlich muss man für den Werkstoff aber eine Lanze brechen. Denn kein anderes Material wird so umfassend recycelt – wir sprechen von einer Quote im Bereich von 90 Prozent. Der Grund dafür? Schmilzt man Stahl wieder ein, lassen sich die ganzen Legierungsbestandteile praktisch ohne Mengen- und Qualitätsverluste zurückgewinnen – und das unzählige Male.

Es ist daher gut möglich, dass etwa im Auto des geneigten Lesers Stahl verbaut ist, dessen Eisen gefördert wurde, bevor Edison die Glühbirne erfand.

5. Chirurgisch rein – oder doch eher glatt?

Mancher wird vielleicht schon von Chirurgenstahl gelesen haben. Beispielsweise wird er häufig für Schmuckstücke wie Ohrringe oder Piercings verwendet – oder eben chirurgische Instrumente. Wer jedoch glaubt, damit wäre ein Geheimnis, das gar keines ist, gelüftet, der irrt.

Tatsächlich handelt es sich um eine kleine Gruppe besonderer Legierungen:

  • Extrem geringer Nickelanteil, weil das Metall Allergien auslösen kann.
  • Hochbeständig gegen Säuren und Laugen, um eine buchstäblich „porentiefe“ Reinigung zu ermöglichen.
  • Selbst unter dem Mikroskop extrem glatt, damit nirgendwo Krankheitserreger anhaften können.

Also ein sehr hochwertiger Stahl – der naturgemäß seinen Preis hat.

7. Was man mit der Weltstahlproduktion anstellen könnte

Stahl ist überall – und verhältnismäßig günstig. Er wird deshalb weltweit in Mengen produziert, die weit jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegen. Hand aufs Herz: Könnte der Leser dieser Zeilen etwas mit 1.878.500.000 anfangen – 1,87 Milliarden Tonnen? Denn das war die Jahresproduktion von Rohstahl 2022.

Aber es handelt sich ja hier um Fun-Facts. Daher haben wir die genannte Menge in den Taschenrechner eingegeben und mit anderen Konstruktionen verglichen (und dabei deren Gesamtgewicht genommen. Das umfasst also teilweise auch andere Materialien).

Aus 1,87 Milliarden Tonnen Rohstahl könnte man demnach herstellen:

  • 1.972-mal das neue One World Trade Center.
  • 2.117-mal die Golden Gate Bridge.
  • 2.750-mal Troll A – Ölplattform und schwerstes, menschgemachtes und bewegliches Objekt der Welt.
  • 18.785-mal die USS Gerald Ford, der aktuell schwerste Flugzeugträger der Welt.
  • 35.910-mal die legendäre Titanic.
  • 185.990-mal den Eiffelturm
  • 1,152 Milliarden-mal die derzeit schwerste Version des VW Golf (2020 betrug der globale Gesamt-Fahrzeugbestand etwa 1,6 Milliarden Stück).

Rein theoretisch entsprach die Weltstahlproduktion sogar dem 6,5-Fachen des Gesamtgewichts der Erdbevölkerung (287 Mio. t.), inklusive den 15 Millionen Tonnen, die als Übergewicht gelten.

Und wer sich schon gefragt hat: Aus dieser Stahlmasse könnte man alternativ einen Spielwürfel fertigen, dessen Seiten jeweils 117,68 Meter lang wären. Nur gäbe es nichts auf der Welt, was ihn ins Rollen bringen könnte – was angesichts der dann sehr wahrscheinlichen Erdbeben kein Verlust ist.

Apropos Golden Gate Bridge: Würde man die legendäre Brücke in der Bucht von San Francisco heute nochmals bauen, wäre nur etwa die Hälfte des originären Stahlgewichts dafür nötig. Grund sind unter anderem verbesserte Legierungen, optimierte Formgebung und die Möglichkeit, alles zu verschweißen, statt viel gewichtiger zu vernieten.

8. Den Eiffelturm vermessen – nur wann?

Als ein Objekt, das nahezu ausschließlich aus Stahl besteht, eignet sich das wohl berühmteste Bauwerk in Paris hervorragend als Basis für stählerne Fakten. Wer schon da war oder recherchiert hat, der weiß vielleicht, dass der reine Turm (ohne die Antennen auf der Spitze) 312 Meter hoch ist.

Tatsächlich ist das aber zumindest für technisch Interessierte ein reichlich ungenauer Wert. Denn Stahl hat, so wie jedes Material, die Eigenschaft, sich je nach Temperatur auszudehnen oder zusammenzuziehen – und das nicht eben wenig.

Würde man sich deshalb in einer eisigen Winternacht mit einem Maßband an den Eiffelturm stellen und dann, etwa ein halbes Jahr später, die Messung an einem brütend heißen Sommernachmittag wiederholen, würde die Differenz bis zu 30 Zentimeter und mehr betragen.

Übrigens: Aus ganz ähnlichen Gründen macht das Auto einen Ruck, wenn es eine Brücke befährt oder verlässt. Diese Bauwerke haben extra Dehnungsfugen, um diesem Umstand Rechnung zu tragen.

9. Reicht das Eisen?

Nicht zuletzt mit solchen abstrusen Jahresproduktionsmengen ist es verständlich, wenn so mancher Leser sich eine Frage stellt: Wie lange können wir uns ein solches Vorgehen überhaupt noch leisten?

Nun, dazu muss man zunächst eines bedenken: In die Weltrohstahlproduktion fließt auch das ein, was aus bereits vorhandenem Stahl recycelt wurde. Es ist also nicht so, als wären diese 1,87 Milliarden Tonnen allesamt aus frisch gefördertem Eisenerz hergestellt worden.

Dann möchten wir noch die folgenden Daten präsentieren:

  • Im Jahr 2021 wurden weltweit etwa 2,7 Milliarden Tonnen Eisenerz gefördert. Doch selbst hochwertiges Erz besteht nicht nur aus nutzbarem Eisenoxid oder anderen Verbindungen.
  • Aktuell werden die verbleibenden globalen Reserven beim Eisenerz auf etwa 170 Milliarden Tonnen taxiert.

Bei einer gleichbleibenden Förderungsrate würden die bekannten Reserven also noch knapp 63 Jahre halten. Bloß kann man nicht so einfach rechnen, weil ständig weitere Reserven gefunden oder durch technische Entwicklungen zugänglich gemacht werden.

Anders ausgedrückt: Zusammen mit der hohen Recyclingrate kann der Planet sich noch sehr lange eine ähnlich große Stahlproduktion leisten. Und selbst wenn die Reserven an Erz einst erschöpft wären, könnte er das, was schon gefördert und verarbeitet wurde, wieder und wieder recyceln.

Da gibt es Elemente bzw. Materialien, bei denen die Situation ungleich drängender ist – angefangen bei Erdöl und Erdgas.

10. Wir alle sind Eisenmänner und -frauen

Wohl jeder Kinogänger oder Comic-Freund dürfte etwas mit dem Superhelden Iron Man anfangen können. Und Heavy-Metal-Liebhabern dürfte der gleichnamige Song der Band Black Sabbath etwas sagen.

Tatsächlich müssen wir jedoch nicht in die Ferne schauen. Denn wir alle bestehen aus Eisen und so manch anderen Elementen, die zusammen einen guten Stahl ergeben würden. Bezogen auf einen durchschnittlichen Erwachsenen sind das beispielsweise

  • 16 Kilogramm Kohlenstoff
  • 4 bis 6 Gramm Eisen
  • 30 Milligramm Bor
  • 20 Milligramm Mangan
  • 6 Milligramm Chrom
  • 20 Mikrogramm Vanadium
  • 20 Mikrogramm Nickel

Es ist vielleicht nicht so viel. Aber in jedem von uns steckt alles, was man für deutlich mehr als nur eine Handvoll unterschiedlicher Stahllegierungen bräuchte. pr/jb

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