Saarbrücken. Die Menge, die wir nach aktuellen Erhebungen in Deutschland zumindest rein rechnerisch pro Person und Mahlzeit entsorgen, ist zwar individuell gering, die daraus resultierende Gesamtmenge ist jedoch enorm. Sich diesen Umstand bewusst zu machen, kann helfen, den eigenen Umgang mit Lebensmitteln und potenziellen Lebensmittelabfällen genauer zu betrachten. Denn bei Straßenumfragen antworten die meisten Befragten, dass sie so gut wie keine Lebensmittel wegwerfen.
Abfallstatistiken und wissenschaftliche Untersuchungen zu Lebensmittelabfällen in den vergangenen Jahren liefern klare Ergebnisse: Hiernach wurden mehrere Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen. Die aktuellste Untersuchung hat 6,5 Millionen Tonnen weggeworfene Lebensmittel in Privataushalten für den Erhebungszeitraum 2020 erfasst – das sind 78 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Dies sind 59 Prozent der insgesamt elf Millionen Tonnen, die pro Jahr in Deutschland weggeworfen werden.
Allerdings zählen hierzu auch sogenannte unvermeidbare Lebensmittelabfälle wie beispielsweise Knochen, Nussschalen oder Kaffeesatz. Schätzungsweise gehört etwa die Hälfte der Lebensmittelabfälle zu den unvermeidbaren Abfällen. Das heißt, dass von 6,5 Millionen Tonnen Lebensmittelabfällen, die in Privathaushalten anfallen, rechnerisch mehr als drei Millionen Tonnen zu den unvermeidbaren Lebensmittelabfällen zählen. Warum zählt man die unvermeidbaren Lebensmittelabfälle überhaupt zu den Lebensmittelabfällen, wenn sie doch unvermeidbar sind?
Ein gewichtiger Grund liegt darin, dass auch in diese Lebensmittelreste kostbare Ressourcen wie Wasser, Boden, fossile Brennstoffe – die Treibhausgase verursachen, Nährstoffe, aber auch menschliche Arbeitskraft geflossen sind. Für die Fleischerzeugung muss ein Tier Knochen aufbauen.
Lebensmittelabfälle schaden auch dem Klima
Lebensmittelabfälle belasten also nicht nur unseren Geldbeutel, sondern vergrößern auch unseren ökologischen Fußabdruck. 6,7 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen werden alleine auf Lebensmittelabfälle zurückgeführt und schaden dem Klima. Wie kommen aber nun diese enormen Mengen zustande, wenn die meisten Menschen in Deutschland der Auffassung sind, dass sie keine oder so gut wie keine Lebensmittel wegwerfen?
Es gibt mehrere Erklärungen. Zum Beispiel ist der Wissenschaft das Phänomen der sozialen Erwünschtheit sehr gut bekannt. Das heißt, viele Menschen neigen dazu, Fragen derart zu beantworten, dass ihre Antwort eher dem entspricht, was gesellschaftlich akzeptiert oder gewünscht ist.
Wenn man die enorme Menge von 6,5 Millionen Tonnen pro Jahr oder 78 Kilogramm pro Person und Jahr auf die einzelnen Tage eines Jahres verteilt, erhält man einen weiteren Hinweis. Von den 6,5 Millionen Tonnen sind ja etwa 3,25 Millionen Tonnen oder 39 Kilogramm pro Kopf und Jahr vermeidbare Lebensmittelabfälle. Rein rechnerisch produziert eine Person somit etwa 107 Gramm vermeidbare Lebensmittelabfälle pro Tag. Dass man diese Menge als kaum der Rede wert empfindet, ist durchaus nachvollziehbar. Doch gerade wir Saarländerinnen und Saarländer wissen, dass Großes immer im Kleinen entsteht. Und so summieren sich diese wenigen Gramm bei 83 Millionen Menschen an 365 Tagen auf 3,25 Millionen Tonnen plus dieselbe Menge an unvermeidbaren Lebensmittelabfällen und jenen, die außerhalb der eigenen vier Wände entstehen. Am Ende landen wir in Deutschland bei elf Millionen Tonnen, die für die Tonne produziert wurden. red./jb