Ein Raum der Geborgenheit

Höhepunkt war das Pontifikalamt mit Bischof Dr. Stephan Ackermann. Foto: Bistum / Kirch
Höhepunkt war das Pontifikalamt mit Bischof Dr. Stephan Ackermann. Foto: Bistum / Kirch - (Bild 1 von 1)

Saarbrücken. Mit ihrer Größe und den zwei markanten Türmen prägt sie das Panorama Saarbrückens so stark wie nur wenige Bauwerke neben ihr und das seit nunmehr 100 Jahren: Die katholische Kirche St. Michael auf dem Rotenberg im Stadtteil St. Johann ist das größte Kirchengebäude in Saarbrücken und zählt zu den ersten modernen Kirchengebäuden Deutschlands.

Sie wurde nun vom Trierer Bischof Franz Rudolf Bornewasser geweiht. Den 100. Weihetag hat die Pfarrei Saarbrücken St. Johann, zu der St. Michael zählt, mit einem Festprogramm gefeiert. Höhepunkt war das Pontifikalamt mit Bischof Dr. Stephan Ackermann.

„St. Michael ist für mich auch eine Kirche, die sich verbindet mit der Industrialisierung des Saarlandes, mit einem starken Bevölkerungswachstum. Der Kirchbau war ein starkes Signal in die Stadtgesellschaft und bezeugte das gewachsene Selbstbewusstsein der Katholiken im stark preußisch-protestantisch geprägten Saarbrücker Umfeld. Die Kirche übt auf mich eine große Faszination aus: Außen eine Gottesburg, aber innen ein Raum, der sehr in Geborgenheit einhüllt“, sagte Ackermann.

Der Kirchbau von St. Michael setzte für seine Zeit neue Akzente. „Die Kirchen im Saarland vor und nach dem Ersten Weltkrieg sind neugotisch gebaut worden, das galt als das Ideal. Bei St. Michael hat der Architekt Hans Herkommer, der erst 26 Jahre alt war, als er 1913 die Pläne machte, versucht, verschiedene Stile und Elemente schöpferisch zusammenzubringen, zum schöpferischen Expressionismus“, sagt Pfarrer Eugen Vogt.

In der Zeit des Saarstatuts nach dem Zweiten Weltkrieg von 1947 bis 1956 war St. Michael im Gespräch als mögliche künftige Bischofskirche eines Saarbistums, was nach der Volksabstimmung von 1955 nicht verwirklicht wurde. Eine weitere Besonderheit sei die über fünf Meter hohe Bronzefigur des Erzengels an der Außenfassade: Statt wie üblich mit Rüstung, Schwert oder Lanze gezeigt, ist Michael hier ein Engel des Friedens, waffenlos und mit offenen Händen, segnend und schützend.

„Wie wird es mit diesem Bau weitergehen? Wie sieht seine Zukunft aus? Wird es ein 200. Jubiläum geben?“, fragte der Bischof in seiner Predigt. Werde die Kirche als Gottesdienstraum bestehen oder möglicherweise anders genutzt werden? „Ich habe keine Antwort und ich wage auch keine Prognose mittel- oder langfristig“, räumte Ackermann ein. Aber vielleicht sei eine solche Prognose auch gar nicht nötig, denn zum Christsein gehöre es nicht, sich Zukunftschancen auszurechnen, sondern darauf zu schauen, was unser Auftrag im Hier und Heute ist.

Eine Antwort auf die Frage nach der Aufgabe gebe das zuvor gehörte Evangelium, das vom Wandel des Zachäus erzählt. Jesus bittet den stadtbekannten Betrüger Zachäus darum, ihn in sein Haus zu lassen – durch diese Begegnung wandelt sich Zachäus zum ehrlichen Menschen. „Das Evangelium kehrt die Perspektive um: Nicht die Menschen fragen, ob sie ins Haus Gottes kommen dürfen, sondern Gott kommt, er will Gast sein bei uns. Das ist die Revolution des christlichen Gottesbildes“, sagt Ackermann.

Galt es 1923 / 24 angesichts einer wachsenden Bevölkerung neue, äußere Räume aufzubauen, sei der Auftrag heute der innere Aufbau: „Wir müssen bereit sein, unsere Häuser, unsere Leben Gott zu öffnen, ihn mit seinem tröstenden Wort, das auch herausfordernd ist, einzulassen und uns wandeln zu lassen.“

Im Anschluss an das Festhochamt, das vom Chor der Basilika St. Johann unter der Leitung von Bernhard Leonardy musikalisch gestaltet wurde, lud die Pfarrei die Gottesdienstgemeinde zu einem Begegnungsfest ein. red./dos

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