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Die Übernahmen deutscher Firmen von chinesischen Firmen

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Foto: Yan Ke - Unsplash - (Bild 1 von 1)

Der ganz große Boom des chinesischen Interesses an deutschen Unternehmen ist mittlerweile zwar vorbei, es besteht aber grundsätzlich immer noch. Ein Rückgang war zu verzeichnen, weil die westlichen Behörden Beteiligungen in kritischen Branchen strenger prüfen. Der Digitalriese Tencent, vor dem sich selbst Alibaba in Acht nehmen muss, kaufte den britischen Videospieleentwickler Sumo. Ebenso kaufte der Riese die Liefer- und Bestellplattform Gorillas und er stieg bei der Smartphone-Bank N26 ein. Darüber hinaus gingen auch mehrheitlich das Versicherungs-Start-up Wefox und die Hausgerätesparte von Philips an chinesische Käufer. Ebenso führten zahlreiche weitere Transaktionen dazu, dass Investoren aus China eine Vielzahl von Unternehmen in Deutschland und in Europa übernommen haben.

Die Übernahmen durch China schaden Unternehmen in Deutschland

Deutsche Unternehmen profitieren nicht unbedingt davon, wenn sie von chinesischen Investoren übernommen werden. Aus diesem Grund sollten Unternehmen, die krisengeschüttelt sind, eine sorgfältige Prüfung vornehmen, bevor sie sich für eine deutsch-chinesische Hochzeit entscheiden. Vorrangig erhoffen sich deutsche Hidden Champions durch eine Fusion mit einem chinesischen Partner die Erschließung neuer Absatzmärkte in Asien. Doch es sieht letztlich so aus, als würden die Unternehmen deutlich weniger von einer solchen Fusion profitieren als erhofft.

Zum Thema "Chinesische Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland" schreibt Christian Rusche in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst: "Seit dem Höhepunkt chinesischer Investitionen im Ausland 2016 sind die Aktivitäten weltweit, aber auch speziell in Deutschland, merklich zurückgegangen. Dazu beigetragen haben regulatorische Verschärfungen in und außerhalb Chinas".

In Deutschland sind die chinesischen M&A-Aktivitäten rückläufig

Insgesamt gab es zwischen 2011 und 2020 243 Übernahmen deutscher Unternehmen. Diese Übernahmen fanden zu 50, 75 oder 100 Prozent statt. Diese Informationen entstammen einer Studie des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Analyse trägt den Titel: "Hintergründe und Entwicklung chinesischer Investitionen in Deutschland". Hier wird auch der rückläufige Trend in den vergangenen Jahren belegt.

Demnach ist es 2020 nur bei elf Unternehmen gelungen, dass eine Übernahme durch Geldgeber aus China zustande kam. Es gibt sogar Fälle, in denen der chinesische Mutterkonzern sogar finanziellen Druck auf die deutschen Standorte ausgeübt hat. Die Wissenschaftlerin Shuwen Bian machte eine Untersuchung, in der es heißt: "In einzelnen Fällen gehören Lohnverzicht und Stellenabbau zu den aktuellen Anforderungen der chinesischen Gesellschafter". Gewerkschaften und Betriebsräte handeln zwar häufig Vereinbarungen zur Standortsicherung aus, dennoch greifen viele Regelungen oftmals nicht, was dazu führt, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht auszuschließen sind.

Die Rentabilität ist rückläufig

Es gibt gleich eine ganze Vielzahl von Gründen, warum eine Fusion mit einem chinesischen Unternehmen nicht unbedingt empfehlenswert ist. Dazu zählt auch die Verstrickung mit dem chinesischen Regime. Bisher drehte sich aber in der öffentlichen Aufmerksamkeit alles um den Technologietransfer durch Unternehmensübernahmen chinesischer Investoren.

Christina Brunner von der WHU - Otto Beisheim School of Management ist einer weiteren Frage nachgegangen. Wie ist es eigentlich um die Leistungsfähigkeit übernommener Unternehmen bestellt? Anlässlich dessen wurden Daten in einer empirischen Längsschnittstudie von 63 Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren zwischen 2008 und 2016 untersucht. Diese wurden jeweils mit einem Unternehmen mit ähnlichen Merkmalen, das nicht übernommen wurde, verglichen.

Das Ergebnis war eher ernüchternd, denn es zeigte sich deutlich, dass die Übernahmen durch chinesische Käufer nicht die erhofften positiven Effekte erbringen. Im Gegenteil, sie schaden deutschen Unternehmen. Fast überall zeigte sich eine deutlich niedrigere Rentabilität als vor der Übernahme. Das Gleiche galt ebenfalls bei den entsprechenden Vergleichsfirmen. Deutlich zeigte sich nämlich, dass die jährliche Rentabilität im chinesischen Besitz sank. Dies wurde gemessen an der Gesamtkapitalrendite und machte einen Verlust von zwei Prozent aus. Selbst vier Jahre nach der Übernahme ist dieser Rückgang noch immer zu verzeichnen.

Diese negative Fusionsbilanz hat Christina Brunner dazu veranlasst, die folgenden Empfehlungen für Unternehmer zu formulieren. Es ist grundsätzlich eine sorgfältige Überprüfung des chinesischen Käufers zu empfehlen. Besonders von Vorteil ist es, wenn dieser Erfahrungen und Kenntnisse rund um das Geschäftsmodell des Zielunternehmens mitbringt.

Andere Kernmärkte über den chinesischen Markt hinaus sollten nach der Übernahme vernachlässigt werden. Vor allem aber sollte nach der Übernahme der CEO-Posten in deutscher Hand bleiben, da andernfalls mit sinkender Unternehmensrentabilität klar gerechnet werden muss. Zudem stellt es einen sinnvollen Kompromiss dar, wenn man das deutsche Managementteam um eine chinesische Führungskraft ergänzt. Besonders wichtig sind zudem klare Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege zwischen deutscher Firma und chinesischem Investor. Es muss absolut klar definiert sein, wer die Entscheidungen trifft. Im Gesamtbild muss der Fokus auf positiven Aspekten der Zusammenarbeit wie der Wertschätzung und der Überbrückung kultureller Hürden liegen.

Die deutsche Wirtschaft nicht vor dem Ausverkauf

Es gab viele warnende Stimmen, die immer wieder auf einen Ausverkauf der deutschen Wirtschaft nach China auf sich aufmerksam gemacht haben. Laut der Plattform DDW - Die Deutsche Wirtschaft sind chinesische Eigentümer nur bei 274 deutschen Unternehmen mehrheitlich beteiligt.

Das Ranking wird von US-amerikanischen Eignern angeführt. Sie sind mit der Mehrheit an 1.853 deutschen Unternehmen beteiligt. Danach folgen dann die Franzosen (889), die Schweizer (825) und die Niederländer (626).

Hinsichtlich des kumulierten Umsatzes können die chinesischen Besitzer nur den Rang 11 erreichen. Diese Unternehmen erwirtschaften zusammengenommen 40 Mrd. EUR Umsatz. Die im US-Besitz befindlichen Unternehmen erwirtschaften hingegen einen Umsatz von 254 Mrd. EUR. Für deutsche Unternehmen in chinesischen Besitz finden sich dafür aber klangvolle Namen. Angefangen vom Augsburger Robotik-Spezialist KUKA, über den Automobilzulieferer Grammer, den Maschinenbauer KraussMaffei, den Gabelstaplerhersteller Still, bis hin zum Bekleidungshersteller Tom Tailor.

In der Liste der deutschen Weltmarktführer sind sogar 17 dieser Unternehmen von DDW vertreten. Dazu zählen beispielsweise die Putzmeister Holding, Kiekert oder Biotest. Das bedeutet, dass von den 1.413 deutschen Weltmarktführern die chinesischen Eigentümer etwa ein Prozent haben.

Hinsichtlich regionaler Investitionsaktivität sind die meisten der Unternehmen laut DDW in Nordrhein-Westfalen (53) ansässig. Dann folgen Baden-Württemberg (50), Bayern (49) und Hessen (43). Mit 14 Unternehmen ist Frankfurt am Main die "Hauptstadt" chinesischer Unternehmenskäufe. Hamburg folgt ganz knapp mit 13 Unternehmen. Jeweils 7 Unternehmen gibt es in Düsseldorf sowie in München und 6 Unternehmen in chinesischer Hand sind es jeweils in Köln und Stuttgart.

Bezüglich des Schwerpunktes des Wirtschaftssektors sind 77 Prozent der chinesischen Investitionen in Unternehmen der Industrie zu verorten. Bei den Dienstleistungsunternehmen sind es 20 Prozent und es sind nur gerade mal drei Prozent Handelsunternehmen.

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