Zweibrücken. Traditionell beginnt die Konzertsaison in der Zweibrücker Festhalle mit dem großen Neujahrskonzert unter Beteiligung der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz - ein kleines Neujahrskonzert folgt dann diesen Sonntag im Herzogsaal mit der Formation Baroque and Blue.
Warum gerade Zweibrücken das Privileg besitzt, das beste Sinfonieorchester des Landes immer am ersten Sonntag im Jahr begrüßen zu dürfen, erklärte Kulturamtsleiter Thilo Huble damit, dass er gut mit Intendant Beat Fehlmann zusammenarbeite. Der wechsle jetzt allerdings nach Liechtenstein. Huble hofft, mit dessen Nachfolger ebenso gut zu kooperieren.
Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sei schließlich ein „A-Orchester, das auch international unterwegs ist.“ Es gebe allerdings keinen besonderen Deal mit dem Land bezüglich der Gage. Diese müsse „in fünfstelliger Höhe“ voll bezahlt werden. Nun gut, angesichts der ausverkauften Festhalle waren zumindest auch Einnahmen in fünfstelliger Höhe zu erwarten. Das Publikum lauschte zunächst der Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD). Der ging auf die Großereignisse des abgelaufenen Jahres ein: Er sei nun sicher, dass „die Bahn“, gemeint war die Verbindung nach Homburg, nun tatsächlich komme. 2028 werde man mit dem Zug in die saarländische Nachbarstadt fahren können. Zum Arbeitskampf bei Tadano meinte der OB, dieser sei bedrückend, anstrengend und belastend gewesen. Er sei jetzt aber froh, dass die Fabrik in Wallerscheid an Kubota gegangen ist. Das sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Das Großereignis sei aber das Hochwasser an Pfingsten gewesen. Das sei eine „sehr belastende Aktion“ gewesen, bei der man aber auch das ein oder andere Positive erkennen konnte. Wosnitza lobte den „unglaublichen Zusammenhalt“ der Zweibrücker Bürger. Man habe sich sehr gut gegenseitig ausgeholfen. „Wenn ich das sehe, dann habe ich ein gutes Gefühl“, meinte der OB. Er wünschte allen Anwesenden ein gutes Neues Jahr mit viel Positivität:
„Denn aus Negativität ist noch nie etwas Gutes herausgekommen.“ Dann war die Musik an der Reihe, beginnend mit der Ouvertüre zu Donna Diana, einer Komischen Oper von Emil Nikolaus von Reznicek. Anschließend meinte Dirigent Gregor Bühl, er reise ja nicht gerne alleine. Also habe er seine Frau Sharon Kam mitgebracht, die „sinnvollerweise“ auch Klarinette spielen könne.
Das tat diese dann brillant bei einem Konzert von Carl Maria von Weber.
Danach kam Kontrabassist Christoph Haaß nach vorne und stellte Bühl die Frage, die wohl viele Orchestermusiker und -dirigenten bewegen dürfte: Was tun, wenn die Inspiration auf sich warten lässt? Gemeint war damit, wenn das Orchester zum x-ten Mal „Die Fledermaus“ oder „Der Nussknacker“ spielen muss, weil das nun mal Werke sind, an denen man einfach nicht vorbeikommt in so einem Programm. Dazu fiel Bühl die Geschichte eines eher böswilligen Souffleurs ein, den er einst kannte. Dieser habe gemeint, wenn das so sei, solle man immer „immer den Blick starr auf die Abendgage lenken“. Was für viele Lacher sorgte, besitzt sicher einen ernsten Kern. Dennoch schaffte es die Staatsphilharmonie, auch die Klassiker der Klassik so zu interpretieren, dass nicht der Eindruck von gelangweilter Routine aufkam.
Auch „An der schönen blauen Donau“ kam auf diese Weise zu Gehör. Eine Komposition, die derzeit ebenfalls eine große Konjunktur hat und beileibe nicht nur in Klassikprogrammen auftaucht, ist Astor Piazzollas „Libertango“. Allerdings: Wenn man nun unbedingt ein Haar in der Suppe des großartigen Konzerts finden wollte, dann an dieser Stelle: Schlagzeug und Orchester mussten da in den ersten Takten noch zueinanderfinden, ehe es mit der gewohnten Präzision weiterging. Sharon Kam durfte außerdem ihre große Virtuosität bei George Gershwins „It Ain’t Necessarily so“ wieder unter Beweis stellen. Und schon ging es dem Ende zu bei dem wunderbaren Konzert.
Der Schluss gestaltete sich überraschend. Nicht, dass als zweite Zugabe der Radetzky-Marsch, erklang, das ist ja mittlerweile Standard. Nein, Bühl verabschiedete sich bereits vorher und ließ das Orchester alleine spielen. Klar, für dieses Stück braucht es ja keinen Dirigenten.
Allerdings hatten andere Maestros an dieser Stelle auch schon den Saal dirigiert, in dem sie ihn zum Mitklatschen aufforderten. Offenbar hatte Bühl keine Lust auf das neckische Spielchen. Da half wohl auch der Blick auf die Abendgage nicht.sedi