Zweibrücken. An einem Tag zwei Großereignisse plus eine Stadtratssitzung - da war es klar, dass Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) nur wenig Zeit hatte beim Festakt zum 30-jährigen Bestehen des Hochschulstandortes Zweibrücken. Schließlich hatte der OB schon die Begegnung mit einer echten Königin hinter sich, als er im Audimax seine Grußworte sprach. „Königinnenbesuch und 30-jähriges Jubiläum, das hält sich die Waage“, meinte er launig und fügte hinzu, dass das eine ein singuläres, das andere aber ein Ereignis von anhaltender Dauer sei. Wosnitza erinnerte sich auch an das ehemalige US-Kasernengelände, aus dem der Campus hervorgegangen war: „Dort habe ich meinen ersten Cheeseburger gegessen und zum ersten Mal einen Ghettoblaster gesehen.“
Ansonsten meinte er, er sei stolz darauf, dass Zweibrücken eine Stadt mit 35 000 Einwohnern ist, an der man von der Wiege bis zum Hochschulabschluss eine „ganze Bildungsbiografie abbilden kann.“
Allerdings erwähnte er auch, dass der Standort in der Diskussion immer mal wieder totgesagt werde - „aber Totgesagte leben länger“, so der OB trotzig. Ein „Geschenk“ hatte er auch dabei: „Ab dem Sommersemester kriegen wir einen halbstündigen Bus hoch an die Hochschule.“ Die offizielle Begrüßung der Feier hatte zuvor der Präsident der Hochschule Kaiserslautern, Professor Hans-Joachim Schmidt, übernommen. „Der Standort hier ist bundesweit auf Augenhöhe mit anderen Studiengängen“, lobte er den Zweibrücker Teil der Hochschule. Wichtiger Meilenstein sei dabei der Studiengang „Physician Assistant“ gewesen, auf Deutsch „Arztassisent“, der ein Bindeglied zwischen Ärzten und pflegerischen Berufen sei
Die Studierendenzahlen seien wieder besser geworden, freute sich Schmidt. Allerdings seien es immer noch nicht genug, deshalb intensiviere man die Kontakte nach Argentinien, Indonesien und Malaysia. „Ohne internationale Studierende werden wir die Studierendenzahlen nicht halten können“, so Schmidt.
Intensive Kontakte nach Südamerika und Asien
Launig wurde es, als mit dem ehemaligen Oberbürgermeister Hans-Otto Streuber jemand ans Rednerpult trat, der vor 30 Jahren die Konversion von den Kasernen zum Hochschulstandort hauptverantwortlich betreut hatte. Er erinnerte an die Mikhail Gorbatschows Perestroika, die das Ende des Kalten Kriegs einläutete und zum Abzug der US-Amerikaner aus Zweibrücken führte.
Der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping habe daraufhin eine Standortprüfung in Auftrag gegeben. Streuber sei damals nach Mainz gefahren und habe Druck gemacht, damit dieses Vorhaben auch umgesetzt werde - was dann ja auch geschah. So weit, so gut – allerdings gab es da noch ein klitzekleines Problem mit den holländischen Soldaten, die sich als Beschäftigte des Flughafens Ramstein zunächst in den Kasernen eingemietet hatten.
Die betrieben nämlich das Hörsaalgebäude als Schule. „Damit war die Errichtung der Fachhochschule gefährdet“, so Streuber. Er habe aber unter massivem körperlichen Einsatz eine Lösung forcieren können.
Dazu musste er bei einem Fest in Ramstein einen holländischen General davon überzeugen, die Canadaschule als Ersatz zu nutzen. Und sich dafür auf dessen Trinkrituale einlassen: Erst einen Matjeshering nahezu unzerkaut verschlingen, dann mit einem Genever nachspülen und schließlich ein Bier.Diese Prozedur habe sich so lange wiederholt, bis Streuber „speiübel“ wurde. Der General habe ihm aber beim Hinausgehen zugerufen, er werde sich melden. Was er dann tat – mit der Zustimmung zu Streubers Plänen. Der schonungslose Einsatz des damaligen OB sorgte auch jetzt noch für spontanen Applaus im Audimax. Zur 50-Jahres-Feier werde er gerne wiederkommen - solange es keine Matjes gibt. Anschließend schwelgte eine Runde aus Hochschulmitgliedern der ersten Stunde in Erinnerungen an den neugeschaffenen Campus, der am 5. Oktober 1994 eingeweiht worden war. „Es kamen Kabel aus der Wand, es lag noch Staub in der Luft“, erzählte etwa Professor Markus Groß, der heute den Studiengang „International Business Administration“ leitet. Der damalige Standortleiter, der letztes Jahr verstorbene Professor Kurt Neumeier, habe an einem Schreibtisch aus Bierkisten und einem Brett gearbeitet. Dem Zweibrücker Dekan im Fachbereich Betriebswirtschaft, Professor Marc Piazolo, war es dann vorbehalten, über den aktuellen Stand des Standorts zu informieren. Derzeit gebe es das Ziel von 1300 bis 1500 Studierenden. Man wolle das Niveau also halten, vielleicht auch leicht steigern. Mit einem Anteil von einem Viertel nicht-deutscher Studierenden läge man über dem Durchschnitt. Ab dem Wintersemester wird der Standort Zweibrücken neue Studiengänge anbieten, darunter auch einen in Wirtschaftspsychologie. Insgesamt wolle man den Campus attraktiver gestalten, damit die Studierenden länger auf ihm verweilten. Der Professor für Molekulare Immunologie und Immunsensorik, Bernd Bufe, sagte anschließend, dass er noch 50 Prozent Wachstumspotenzial für den Standort sehe.
Die Mischung im interdisziplinären Team sei einzigartig, man sei sehr gut ausgestattet und Corona habe zumindest den positiven Effekt gehabt, dass man in der digitalen Lehre viel weiter gekommen sei.
Professor Eugen Staab gab dann noch einen Ausblick darauf, wie die Künstliche Intelligenz die Lehre und Forschung in Zukunft verändern wird, während Dozent Lukas Busch über den aktuellen Stand in der Alzheimerforschung aufklärte.
Seine Kollegin Tina Jene zeigte dann noch das „virtuelle Technologielabor“, einer Art Flugsimulator für mikrotechnische Prozesse. 30 Jahre nach der Gründung zeigte sich der Campus Zweibrücken also als starker Standort - gut, dass Hans-Otto Streuber einst eine große Übelkeit dafür in Kauf nahm. sedi