Ob das ganze Auto oder Handy aus dem Innenraum – wenn sich Langfinger am Auto zu schaffen machen, ist der Ärger groß. Dabei wird schon lange nicht mehr die Scheibe eingeschlagen. Viele Diebstähle machen sich elektronische Funk-Schließsysteme zunutze. Wie laufen die Hacks ab und können sich Autobesitzer dagegen überhaupt noch schützen?
Autodiebstahl: So gehen Diebe vor
In Deutschland sind Millionen Pkw auf den Straßen unterwegs. Viele Halter machen nie die Bekanntschaft mit Langfingern. Besonders teure Autos oder seltene Modelle wecken Begehrlichkeiten. Die Statistiken zu Autodiebstählen in Deutschland zeigen einen deutlichen Anstieg. Im Jahr 2022 wurden 14.611 Pkw laut Bundeskriminalamt (BKA) dauerhaft entwendet. Diese Zahl entspricht einem Anstieg von 19,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie gehen Autodiebe dabei vor?
1. Schlüsselloses Eindringen/Relay Attack
In den letzten Jahren hat die Bedeutung schlüsselloser (keyless) Systeme in der Autobranche zugenommen. Für den Fahrer ist das Ganze bequem. Über Funkwellen kommunizieren Schlüssel und Auto miteinander. Sobald der Schlüssel in der Nähe ist, entriegelt das System das Auto und ermöglicht es, den Motor zu starten. Genau hier setzen Diebe an.
Dazu nutzen sie ein System aus zwei sogenannten Relay Boxen. Eine Box fasst das Signal des Schlüssels auf – den zu viele Halter einfach im Haus auf einer Kommode nahe der Haustür liegen lassen – und verstärken es. Über die zweite Box kann es ans Sicherheitssystem des Autos übertragen werden. Dieses öffnet das Fahrzeug und erlaubt ein Starten des Motors.
Für Diebe hat diese Methode einige sehr entscheidende Vorteile. Die Relay Attack ist vergleichsweise unauffällig einsetzbar. Auch dauert der Angriff in der Regel nur einige Sekunden. Und Zeit ist beim Autodiebstahl immer entscheidend. Außerdem lässt sich eindringen, ohne Spuren zu hinterlassen.
2. Jamming
Jamming basiert darauf, die Funkfernbedienungen von Autos zu stören. Hierzu ist ein Jammer im Einsatz. Der Störsender arbeitet auf der gleichen Frequenz wie der Schlüssel. Durch die Überlagerung kommt es zur effektiven Störung und das Fahrzeug kann die Schlüsselsignale nicht mehr empfangen. Was passiert als Ergebnis? Das Fahrzeug verriegelt nicht und bleibt offen. Ein Problem ist an dieser Stelle die vergleichsweise einfache Beschaffung der Jammer.
Da der Störsender sich in einiger Entfernung zum Fahrzeug/Schlüssel befinden kann, fällt diese Methode auch kaum auf. Von Dieben kann sie einfach zum Offenhalten der Fahrzeuge benutzt werden – oder um im zweiten Schritt das Fahrzeug zu bewegen und dauerhaft zu entwenden. Da die Tür offenbleibt, ist das Jamming kein gewaltsames Eindringen – was im Versicherungsrecht zu Problemen führt.
3. OBD (On-Board Diagnostics) Hacking
Das OBD (On-Board Diagnostics) Hacking kann in Verbindung mit dem Jamming zum Einsatz kommen, da Diebe hier einen Zugang ins Auto brauchen. Zunutze machen sich Langfinger die On-Board Diagnostics Schnittstelle im Fahrzeuginneren. Darüber ist der Zugriff auf die Bordsteuerung und Fahrzeug-Elektronik möglich.
Eigentlich von Werkstätten und Tunern zur Diagnose oder Leistungsverbesserung benutzt, kann über den OBD-Port das Auto auch einfach gestartet werden. Dazu nutzen Diebe spezielle Geräte, welche mit dem Port am Armaturenbrett verbunden und zur Manipulation der Software eingesetzt werden. Mithilfe dieser Tools lässt sich auch ein neuer Schlüssel programmieren.
Diebstahl von Gegenständen aus dem Wagen
Neben dem Autodiebstahl – also dem Entwenden des kompletten Fahrzeugs – haben es Diebe manchmal auch auf den Inhalt abgesehen. Hier können Langfinger eher spontan vorgehen oder sehr gezielt nach lohnenden Zielen Ausschau halten. In beiden Fällen geht es darum, wertvolle Gegenstände wie:
- Kameras
- Tablets und Smartphones
- Laptops
- Bargeld oder
- Schlüssel und Schmuck
zu entwenden.
Entweder wird sich der Zugang in diesem Zusammenhang sehr brutal verschafft – einfach über die eingeschlagene Scheibe – oder mittels Jamming. Hier verhindert der Sender die Verriegelung der Autotür. Der Vorteil: Das Einschlagen der Autoscheibe fällt auf. Wem es gelingt, das Auto dagegen offenzuhalten, der kann sich in aller Ruhe bedienen und wird Passanten auf einem Parkplatz wirklich kaum auffallen.
Der Schaden für den Fahrer kann doppelt schwerwiegend sein – wenn ein Laptop aus dem Büro verschwindet. Nicht nur, dass Projektdaten weg sind. Sobald Kundendaten betroffen sind, ergeben sich Konsequenzen aus dem Datenschutz, was ein echtes Problem darstellt.
Was können Betroffene tun?
Sobald der Diebstahl – ob der Einbruch oder ein Autodiebstahl – bemerkt wird, tickt die Uhr. Grundsätzlich sollte umgehend die Polizei verständigt werden. Mit der Diebstahlanzeige kann die Fahndung eingeleitet werden. Außerdem ist die Anzeige für den Versicherer relevant. Für die Meldung brauchen Halter:
- Marke
- Modell und Farbe
- Kennzeichen
- Fahrgestellnummer.
Außerdem helfen Besonderheiten, wie Anbauteile und Tuning, das Fahrzeug zu identifizieren. Außerdem muss kurz geschildert werden, wo das Fahrzeug abgestellt und verschlossen wurde. Auch zu Gegenständen im Auto sind Angaben zu machen.
Anschließend sollte umgehend die Versicherung informiert werden. Daher ist die schriftliche Schadensmeldung direkt im Anschluss vorzunehmen – es sollten nicht mehr als 48 Stunden vergehen. Die Versicherung wird anschließend erklären, welche Dokumente für die Regulierung gebraucht werden. In der Regel fordert der Versicherer die Anzeige der Polizei ab. Etwaige Schäden am Fahrzeug, wie zum Beispiel ein Glasbruch, werden daraufhin schnell repariert und bezahlt.
Darüber hinaus muss das Fahrzeug abgemeldet werden. Dies ist wichtig für den Fall, dass Diebe mit einem gestohlenen Pkw Verkehrsverstöße begehen oder im Rahmen eines Verbrechens nutzen. Andernfalls kommen Forderungen auf den Halter zu – was eine zusätzliche bittere Pille bedeutet. Über die Sperrung von Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief bei der Zulassungsstelle wird Missbrauch verhindert. Sofern es sich um ein finanziertes Fahrzeug handelt, ist außerdem die Bank zu informieren. Gleiches gilt, wenn es sich um einen Pkw aus einem Leasingvertrag handelt.
Möglichkeiten der Vorsorge
Wer sich gegen Autodiebstahl und Einbruch schützen will, sollte zumindest in Grundzügen die Techniken der Langfinger kennen. Aus diesem Wissen lassen sich geeignete Maßnahmen ableiten.
1. Relay Attack
Diese Methode macht sich die Funk-Kommunikation zwischen Auto und Schlüssel zunutze. Auch, wenn diese nur über eine kurze Distanz reicht – Diebe greifen das Signal auf. Mit speziellen Taschen und Boxen lässt sich der Keyless Schlüssel abschirmen. Notfalls hilft sogar einfache Metallfolie weiter.
2.Mechanische Sicherheitssysteme
Neben elektronischen Sicherheitssystemen können auch Schlösser für Lenkrad und Gangschaltung zur Verhinderung von Diebstählen zum Einsatz kommen. So kann der Dieb ins Auto gelangen – aber nicht einfach wegfahren.
3. Aufmerksamkeit
Gerade beim Jamming lässt sich mit der nötigen Aufmerksamkeit ein Diebstahl verhindern. Verriegelt die Tür, ist dies akustisch wahrnehmbar. Autofahrer sollten gerade auf Parkplätzen das Verschließen der Türen kontrollieren.
4. Jamming-Warner
Einige Hersteller bieten inzwischen Sensoren an, mit denen das Jamming erkannt wird. Über ein akustisches Signal werden die Jammer erkannt. Auf diese werden Fahrer vor Funkstörsendern gewarnt.
5. Gegenstände nicht im Auto lassen
Gelegenheit macht Diebe, weshalb es ratsam ist, wertvolle Gegenstände nicht im Pkw zu lassen, sondern diese mitzuführen. Alternativ sollte das Handy nicht einfach gut sichtbar im Auto liegen – was auch für das Portemonnaie gilt.
6. GPS-Sender verbauen
Damit das Auto im Fall des Diebstahls wiedergefunden wird, kann direkt ein kleiner GPS-Sender verbaut werden. Diese funktionieren ähnlich einem Haustier-Tracker und senden ein Signal mit der Position. Unauffällig hinter einer Verkleidung versteckt, merken Langfinger gar nicht, dass sie aus der Luft verfolgt werden.
Ein weiteres „Sicherheitsfeature“ kann der Stellplatz in einer abgeschlossenen Garage sein. Dies macht es Dieben ungleich schwerer, sich in Besitz des Autos zu bringen.
Fazit: Autodiebe sind inzwischen technisch hochgerüstet
Jedes Jahr verschwinden in Deutschland tausende Autos. Und nur ein Teil wird wiedergefunden. Dass Diebe immer die Scheibe einschlagen, ist Geschichte. Heute nutzen Diebe technische Möglichkeiten, um den Schlüssel zu kopieren und einfach loszufahren. Vorbeugen ist damit umso wichtiger – etwa durch eine Wallbox aus Metall für Keyless-Schlüsselanhänger. Oft reicht es aber auch schon, auf dem Parkplatz genau auf das Auto zu achten. pr/jb