St. Wendel. Versteckt in der Talsenke, in unmittelbarer Nähe zum Internationalen Steinbildhauer-Symposion zwischen St. Wendel und Baltersweiler befindet sich das weitläufige Gelände, das schon seit Generationen „Damra“ genannt wird. Der Begriff leitet sich von der alten Landschaftsbezeichnung „an der Damm’er Aue“ ab – ursprünglich gab es dort eine Mühle und einen Damm, der die Auenlandschaft vom Mühlteich abgrenzte. Die Bezeichnung wurde aber im Laufe der Jahre vereinfacht und zu „Damra“ abgeschliffen.
Als der spätere Künstler und Kunstprofessor Leo Kornbrust 1929 an der Damra geboren wurde, befand sich auf dem abgelegenen Stück Land nichts weiter als eine Holzhütte, ein Brunnen und einige Nutztiere.
Doch schon damals musste die Atmosphäre eine besondere gewesen sein, denn nach seinem Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München kehrte Leo Kornbrust mit seiner frischangetrauten Frau, der in Berlin geborenen Schriftstellerin Felicitas Frischmuth an die Damra zurück. Seit Ende der 1950er Jahre lebten und arbeiteten die beiden dort, fanden die notwendige Ruhe und Muße für ihr künstlerisches Schaffen.
In jenen Jahren luden sie immer wieder Künstler, Schriftstellerkollegen und Freunde ein. Das wohl bekannteste Beispiel für ein solches Zusammentreffen von Künstlern ist das Internationale Bildhauer-Symposion von 1971 und 1972. Zwei Monate lang bewohnten an die 20 Bildhauerkollegen aus vielen verschiedenen Ländern die Damra. Tagsüber wurde auf der Anhöhe entlang der Landstraße an den großen Steinen gearbeitet, nach Feierabend an der Damra gespeist, geredet und gefeiert. Befreundete Musiker und Schriftsteller gesellten sich ebenfalls dazu. Ein zur damaligen Zeit völlig unkonventionelles Event, das bundesweit Bekanntheit erlangte.
So war es nicht verwunderlich, dass auch andere, teils international bekannte Künstler wie beispielsweise Joseph Beuys, Günther Grass oder Peter Handtke auf die Damra aufmerksam wurden und zum kreativen Austausch mit der Schriftstellerin und dem Bildhauer kamen. Die Damra wurde zu einem offenen Haus, einem Treffpunkt für Kunst und Literatur.
Felicitas Frischmuth verfasste meist lyrische Texte, trat in manchen Arbeiten aber auch in einen künstlerischen Dialog mit Bildenden Künstlern. Leo Kornbrust bearbeitete bevorzugt Granit. Seine Kunstwerke stehen im öffentlichen Raum – auch international. Beiden, Frischmuth und Kornbrust wurde der Kunstpreis des Saarlandes verliehen.
Als ihr wohl wichtigstes gemeinsames Projekt darf die Straße des Friedens betrachtet werden, eine Skulpturenstraße quer durch Europa, zu der mittlerweile über 600 Skulpturen verschiedener Künstler zählen. Die Keimzelle dieses internationalen Kunst- und Friedensprojektes liegt an der Damra.
„Aus der Damra in die Welt“ schrieb Felicitas Frischmuth in einem ihrer Gedichte. Bis zu ihrem Tod lebten die beiden an der Damra und machten sie zu einem Ort der Kultur. Doch ihr Wirken ging weit über die Grenzen St. Wendels hinaus.
Um dieses Erbe zu erhalten, wurde mit ihrem Tod eine Stiftung gegründet, so haben es die beiden verfügt.
Die Stiftung Frischmuth/Kornbrust – Skulptur und Poesie hat ihren Sitz an der Damra und sorgt dafür, dass dieser geschichtsträchtige Ort als Begegnungsstätte weiterbesteht.
Ein wechselndes Kulturangebot für jüngere wie ältere Menschen, Kunstversierte wie interessierte Laien lädt zu einem Besuch an die Damra ein.
Einblick in die Geschichte
Am Freitag, 20. Juni, um 18 Uhr. gibt Kunsthistorikerin und Vorstandsvorsitzende Cornelieke Lagerwaard Einblicke über die Geschichte und Entwicklung, aber auch die Zukunft dieses besonderen Ortes. Damra – Ort für Kunst und Begegnung, Am Symposion 1, 66606 St. Wendel. Der Eintritt kostet 5 Euro. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. red./hr