Riedelberg. 70 Jahre und kein bisschen leise. Dass dies der katholische Riedelberger Kirchenchor von sich behaupten kann, ist neben den engagierten Sängerinnen und Sängern vor allem zwei Männern zu verdanken: Dem Vereinsvorsitzenden Alfred Guth und Chorleiter Oliver Duymel. In einer Zeit, da zahlreiche Kirchenchöre schrumpfen und um ihre Existenz kämpfen, zählt der 1955 gegründete Riedelberger Kirchenchor mehr als 40 begeisterte Sängerinnen und Sänger. Das sind mehr Stimmen, als der Kirchenchor zu seinen bisherigen Hochzeiten hatte. „Besonders stolz sind wir, dass aktuell acht Sängerinnen und Sänger unter 25 Jahren alt sind“, strahlt Oliver Duymel. Die Zukunft der Riedelberger Sängerschar scheint gesichert.
Eine wechselvolle Geschichte
Das war nicht zu allen Zeiten der Fall, wenngleich der Kirchenchor 1975 auf 20 erfolgreiche Jahre zurückblicken konnte. Ein für die Gemeinde Riedelberg seltenes Ereignis war der Anlass zur Gründung des Kirchenchores gewesen: Im Jahr 1955 beendete der Theologiestudent Hermann Kalmes seine Studien und wurde von Bischof Emanuel in Speyer zum Priester geweiht. Einem alten Brauch folgend, feierte der Neupriester hernach sein erstes Messopfer in seiner Heimatgemeinde, wobei der neu gegründete Chor erstmalig auftrat. Die Sangesfreude der Riedelberger hingegen blickt auf eine noch längere Tradition zurück. In den Jahren von 1922 bis 1939 bestand unter der Leitung von Lehrer Buchheit bereits ein Gesangverein, der hauptsächlich das Volksliedgut pflegte. Unter dem Vorsitz von Alfred Guths Vater Alois und dem Dirigat des Großsteinhausers Alois Naßhan feierte der Riedelberger Kirchenchor rasch Erfolge. Neben den üblichen Auftritten zu allen hohen Kirchenfesten gestaltete die Sängergemeinschaft Sängerfeste in Riedelberg und nahm an Diözösan-Musiktagen teil. Die Chorgemeinschaft wuchs und immer wieder schlossen sich auch jüngere Sangesfreudige an.
„Alle Kunst ist der Freude gewidmet“
Alois Naßhan war der Überzeugung: „Alle Kunst ist der Freude gewidmet und es gibt keine höhere und ernsthaftere Aufgabe, die Menschen zu beglücken.“ Der damalige Riedelberger Ortsvorsteher Josef Henner anerkannte anlässlich der 20-Jahr-Feier des Kirchenchors dessen „große Bedeutung für die religiöse und kulturelle Entwicklung der Gemeinde sowie für die gesamte Entwicklung der Kirchenmusik“. Der damalige Diözösanmusikdirektor Georg Pfeifer erinnerte: “Alle Musikwerke leben nur durch die, die sie vortragen.“ Zu ihnen gehört seit 36 Jahren auch Alfred Guth. Der heute 73-jährige Riedelberger hat die schwierigen Zeiten des Chors vor gut 20 Jahren miterlebt. Er erzählt: „Damals, Anfang der 2000er Jahre, zählten wir nur noch wenige Stimmen, ebenso wie die Großsteinhauser.“ Um überhaupt noch mehrstimmigen Chorgesang zu ermöglichen, fusionierte Alois Nasshan damals seine beiden Chöre Riedelberg und Großsteinsteinhausen. Sieben Jahre lang hielt diese Zwangsehe. Doch dann machten sich Cäcilia Eitel und Alfred Guth auf den Weg. Der Vorsitzende lacht: „Wir sind von Tür zu Tür regelrecht hausieren gegangen, um frühere Sängerinnen und Sänger wieder zu aktivieren und neue zu gewinnen.“ Mit Erfolg: Binnen kurzem wurden aus 20 Riedelberger Chorstimmen wieder 32 und der Chor kehrte in seine Eigenständigkeit zurück.
„Daran wäre der Chor fast zerbrochen.“
Doch noch einmal galt es, eine Prüfung zu bestehen. Nicht immer war, nachdem Alois Naßhan in den Ruhestand gewechselt war, die Auswahl der Chorleiterinnen zur Zufriedenheit aller. Alfred Guth weiß: „Daran wäre der Chor fast zerbrochen.“ Doch dann fügte es sich, dass Oliver Duymel 2014 aushilfsweise einsprang und eine Chorprobe übernahm. Der Dirigent und die Singgemeinschaft fanden auf Anhieb Gefallen aneinander und aus dem „versuchen wir es miteinander“ sind mittlerweile über zehn glückliche Jahre voller Sangesfreude und musikalischer Weiterentwicklung geworden. Eine Entwicklung, die zufrieden auch Alois Naßhan noch miterlebt hat. Er war einst in der Realschule der Lehrer des Deutsch-Holländers gewesen. Damals habe er zu ihm gesagt, zitiert Oliver Duymel: „Du machst ja so gut wie alles anders als ich früher, aber vielleicht ist das in der heutigen Zeit auch notwendig!“ Abermals rührte nach einigen Chorauftritten Alfred Guth 2015 bei Dorffest die Reklametrommel. Noch heute staunt er über seinen Erfolg: Binnen 14 Tagen hatte sich die Chorgemeinschaft mit Ehemaligen und Neuen von auswärts verdoppelt, so dass heute weit über 40 Stimmen zwischen 13 und 75 Jahren zur Ehre Gottes und den Menschen zur Freude erklingen.
Cäcilia Schatz hat die gesamte Geschichte des Chores miterlebt
Alle Umbrüche miterlebt hat Cäcilia Schatz. Sie ist mit ihren 75 Jahren nicht nur die älteste, sondern mit 60 Jahren Mitgliedschaft zugleich die langjährigste Chorsängerin. Wenngleich die Gounod-Messe ebenso Tradition hat, wie Deutsche Passion, welche seit 70 Jahren immer am Palmsamstag gesungen wird, zeichnet sich der Riedelberger Kirchenchor heute durch frische, zeitgenössische geistliche Musik aus. Getragen ist das freudvolle Musizieren durch eine wunderbare Chorgemeinschaft, weil die Mitglieder über die Proben und Auftritte hinweg gerne Zeit miteinander verbringen und vor allem gerne zusammen feiern. Mit viel Engagement und einem Händchen für kulinarische Proben, trägt Präsident Alfred Guth nach Einschätzung des Chorleiters maßgeblich zu dem Erfolg des Chores bei. „Bei der Musikauswahl macht es die Vielfalt. Lieder von Kathi Stimmer-Salzeder sind eine Säule des Chores. Dazu komme Sakropop, geistliche Lieder aus der Popularmusik wie Udo Jürgens, aber auch Werke wie die „Musikalischen Fenster zum Johannesevagelium“ und Songs von John Rutter“, zählt Oliver Duymel auf. Zu einem musikalischen Quantensprung habe der Riedelberger Kirchenchor angesetzt, seit Katharina Bonk, Musik- und Religionslehrerin an der IGS Contwig, den Chor als Pianistin und Solosängerin bereichert. Oliver Duymel schwärmt: „Das eröffnet ja auch mir als Chorleiter ganz neue Möglichkeiten.“ Längst ist der Riedelberger Kirchenchor über die Grenzen der Pfarrei hinaus bekannt und gefragt. Selbst eine grenzüberschreitende Kooperation mit dem Chor von Walschbronn gab es bereits. Zu den Höhepunkten gehört unter anderem das Benefizkonzert für die Hospiz, welches der Riedelberger Kirchenchor zusammen mit den übrigen Chören von Oliver Duymel gestaltet.
Termin des Jubiläums steht fest
Sein Jubiläum feiert der Riedelberger Kirchenchor am 24. und 25. Mai. Am Samstag gestaltet er um 18.30 Uhr einen Festgottesdienst. Am Sonntag lädt der Chor um 14 Uhr zu einem Liedernachmittag zum Mitsingen alle seine Fans und solche, die es werden wollen, ins Dorfgemeinschaftshaus Riedelberg ein. Wer Lust bekommt, mitzusingen, ist bei den Proben jeden Montag von 20 bis 21.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus willkommen.cvwn