Ur-Aufführung eines Films, der die Sichtbarkeit der Opfer des Nationalsozialismus wiederherstellt und auf den kausalen Zusammenhang zwischen dem Verlust von emotionalen Bezügen und Gewalt verweist.
Erstmalig überhaupt präsentiert die deutsch-irische Filmemacherin Stefanie Dinkelbach ihre multimediale Veranstaltung in Saarbrücken. Ihr Ciné-Concert stellt die Sichtbarkeit der Opfer des Nationalsozialismus wieder her und beleuchtet den kausalen Zusammenhang zwischen Verlust von emotionalen Bezugspunkten und Gewalt.
„Es war wie die Entdeckung einer Botschaft in einer Flaschenpost“, beschreibt die Filmemacherin Stefanie Dinkelbach ihr prägendes Erlebnis, als sie 2009 im Berliner Filmarchiv auf Bilder von Menschen stieß, die aktiv den Blick des Betrachters suchten. „Diese Menschen wollten gesehen werden und glaubten fest daran, dass ihr Wunsch eines Tages erfüllt werden würde.“ Dinkelbach, ursprünglich aus Trier und heute in Irland lebend, fühlte eine starke Verbindung zu diesen Aufnahmen. Die abgebildeten Menschen gehörten zu denjenigen, die später das Grauen des Nationalsozialismus erlebten, und es fiel ihr auf, dass ihre Sichtbarkeit damals in den öffentlichen Medien verloren gegangen war, bevor sie zu Opfern wurden.
„Die Ermöglichung eines Blickkontaktes, um die sich diese Menschen bemühten und der jetzt mit uns, dem Betrachter, nach all den Jahren endlich verwirklicht werden kann, wurde somit zum Hauptanliegen des Films.“ Nach zwölf Jahren intensiver inhaltlicher und künstlerischer Auseinandersetzung ist das Werk von Stefanie Dinkelbach nun bereit für seine Premiere in Saarbrücken. Der 40-minütige Film wird als Auftakt zu den Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau und dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Kirche der Jugend eli.ja in Saarbrücken gezeigt – begleitet von Livemusik.
Die Veranstaltung ehrt zudem Maurice Halbwachs, den französischen Soziologen, der als Erster den Begriff des „Kollektiven Gedächtnisses“ prägte. Halbwachs selbst starb als Opfer des Nationalsozialismus im Konzentrationslager Buchenwald. Sein Andenken soll durch diese Aufführung im kollektiven Gedächtnis der deutschen Bevölkerung wachgehalten werden.
Das ungewöhnliche Format des Films vereint eine Collage aus geschriebenen und gesprochenen Texten, Archivfilmmaterial, Dokumentaraufnahmen, Fotos und Musikstücken. Diese multidimensionale Präsentation wird am Donnerstag, den 16. Januar um 19:30 Uhr uraufgeführt. Im Anschluss wird in der Krypta der Kirche eine Ausstellung eröffnet, die die theoretischen Recherchen beleuchtet, die die Produktion des Films begleitet haben. Diese Ausstellung vermittelt eine Perspektive, die den kausalen Zusammenhang zwischen Trauma, Bezugsverlust und Gewalt analysiert und ein ergänzendes Verständnis der deutschen Geschichte anstrebt. Der Film, eingebettet in die Ausstellung, wird später vom Deutschen Zeitungsmuseum Wadgassen übernommen.
Die Ur-Aufführung in Saarbrücken ist durch die Unterstützung der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes e.V., der Synagogengemeinde Saar und der Schulabteilung des Bistums Trier sowie der Mitarbeitenden der Kirche der Jugend eli.ja ermöglicht worden. Die musikalische Begleitung wird gestaltet von Heike Petry (Querflöte), Heidrun Mertes (Cello), Jochen Clemens (Tenor), Elisabeth Müller (Klavier), Thomas Keuter (Orgel) sowie dem Kirchenchor der eli.ja Kirche. Der Film entstand in Zusammenarbeit mit Norbert Hobrecht von Terra Medial und unter der technischen Direktion von Dr. Brendan Roycroft.
Stefanie Dinkelbach, PhD, wuchs in den 1970er-Jahren in Trier auf und besuchte dort das Angela-Merici-Gymnasium. Nach ihrem Magisterstudium in Wales zog sie nach Irland, wo sie seitdem künstlerisch und wissenschaftlich tätig ist. Der Film „Das Vermächtnis“ entstand als Teil einer praxisorientierten Doktorarbeit, die sie 2013 abschloss. Ihre Arbeit basiert auf interdisziplinären Recherchen, die das Verhältnis zwischen Trauma und Gewalt untersuchen und in den Kontext der deutschen Geschichte stellen. Die Ergebnisse dieser Recherchen wurden in der Blog-Serie „Die gute und die schlechte Nachricht: Was wir aus der Gewalt des Nationalsozialismus lernen können“ veröffentlicht und sind online zugänglich unter den folgenden Links:
www.youtube.com/channel/UCHznNS35kp0y43jxt19xbrw
Dinkelbach hat auf zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen referiert. Ihre Filme, die vom Irish Arts Council und dem Irish Film Council gefördert wurden, wurden auf Festivals und in Kunstausstellungen im In- und Ausland gezeigt.